Präsidentenwahl im Tschad: Premier gegen Staatschef

Am Montag wird im Tschad gewählt. Versprechen auf eine Demokratisierung des afrikanischen Landes hat Übergangspräsident Déby oft gebrochen. Eine wirkliche Alternative ist nicht in Sicht.

Frankfurt a.M./N'Djamena -  Zweimal die Woche spielt Mahamat Seid Fußball. Seit ein paar Wochen strahlen ihm auf dem Weg zum Sportplatz in Tschads Hauptstadt N'Djamena von Plakaten die Gesichter der beiden führenden Politiker des Landes entgegen: Übergangspräsident Mahamat Déby und Premierminister Succès Masra.

Am 6. Mai wird in dem zentralafrikanischen Land mit rund 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gewählt. Auch Seid wird dann den Gang zur Wahlurne antreten: „Wir brauchen einen Präsidenten“, sagt der 24-Jährige. „Wir können nicht ewig in dieser Übergangsphase bleiben.“

Doch fragt man ihn nach dem Ausgang der Wahl, sieht Seid es nüchtern: „Im Tschad gewinnt der, der die Macht hat.“ Seit 2021 ist das General Mahamat Déby. Der wurde nach dem Tod seines Vaters, Idriss Déby, zum Interimsnachfolger ernannt. Langzeitherrscher Idriss Déby war unter ungeklärten Umständen an der Front im Kampf gegen Rebellen im Norden des Landes ums Leben gekommen.

Kurzerhand übernahm ein Militärrat unter Führung seines Sohnes die Macht, setzte die Verfassung außer Kraft und verkündete eine 18-monatige Übergangszeit, an deren Ende freie Wahlen stehen sollten. Versprechen, die allesamt nicht eingehalten wurden, sagt Helga Dickow, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arnold-Bergstraesser-Institut in Freiburg, das unter anderem zu sozialen Konflikten in Afrika forscht.

Spätestens seit im Februar Mahamat Débys Cousin und Oppositionspolitiker Yaya Dillo von Sicherheitskräften erschossen und sein Onkel Saleh Déby festgenommen wurde, „ist das Fünkchen Hoffnung gestorben, dass sich unter der Herrschaft von Mahamat Déby etwas an der Führung ändert“, sagt die Politologin.

Abweichler werden aus dem Weg geräumt

Insgesamt neun Männer und eine Frau stehen am Montag für das Amt an der Staatsspitze zur Wahl, unter ihnen der frühere Oppositionspolitiker und heutige Premierminister Succès Masra. Doch mit den jüngsten Vorfällen sei ein deutliches Zeichen gesetzt worden, dass jegliche Abweichler, auch innerhalb der eigenen Familie, aus dem Weg geräumt würden, sagt Dickow. Gepaart mit der Tatsache, dass Déby sämtliche Mitglieder der Wahlbehörde, alle Richter sowie die Abgeordneten des Parlaments persönlich ernannt und somit fest in der Hand hat, scheint der Ausgang der Wahl daher bereits festzustehen.

Ähnlich sieht es auch Baïdessou Soukolgué, Exekutivdirektor vom „Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa“ (EISA), einer Organisation, die sich für Demokratie in ganz Afrika einsetzt. Selbst aus dem Tschad stammend, verfolgt er den Prozess in seinem Heimatland genau. „Die vergangenen Wochen waren sehr hitzig“, sagt Soukolgué.

Neben der Ermordung von Yaya Dillo sei die Rückkehr und Kandidatur des früheren Oppositionspolitikers Succès Masra eine spannende Entwicklung. Masra, Hauptorganisator der Massenproteste im Oktober 2022, war nach deren Niederschlagung ins Exil geflohen und erst im November 2023 in den Tschad zurückgekehrt. Am 1. Januar folgte die Ernennung zum Premierminister.

Der plötzliche Kuschelkurs des eigentlich vehementen Déby-Gegners werfe Fragen auf, welche Art von Deal zwischen den beiden gemacht worden sei, sagt Soukolgué. „Was die Wahl noch spezieller macht, ist, dass wir uns in einer noch nie dagewesenen Situation befinden, in der der Premierminister gegen seinen Präsidenten antritt.“ Dennoch sei es wichtig zu betonen, dass der Tschad überhaupt Wahlen organisiere und sich darauf vorbereite, aus der Transitionsphase herauszukommen, findet Soukolgué. Andere Länder unter Militärführung wie Mali, Burkina Faso oder Niger hätten diesen Schritt bislang nicht gemacht.

Für Frankreich ist der Tschad ein wichtiger Verbündeter in der Sahelregion. Nach dem Rauswurf der Truppen der ehemaligen Kolonialmacht aus Mali, Burkina Faso und dem Niger sind im Tschad noch 1.000 französische Soldaten stationiert - im Gegenzug blickt Paris über Menschenrechtsverletzungen großzügig hinweg.

Fragt man Menschen wie Mahamat Seid nach ihren Hoffnungen für die Wahl, ist ihnen vor allem eins wichtig: dass es ruhig bleibt.

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