Unverzichtbarer Klimakiller

Berlin will Entwicklungshilfe für Kohlekraft kürzen
Berlin will Entwicklungshilfe für Kohlekraft kürzen

Die Bundesregierung will Neubauten von Kohlekraftwerken im Ausland nicht mehr finanzieren. Modernisierungen sollen aber weiterhin gefördert werden. Und dafür gibt es gute Argumente.

Die Modernisierung laufender Kraftwerke in Entwicklungsländern soll nur noch nach klar definierten Kriterien gefördert werden. Das sagten Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Entwicklungsminister Gerd Müller wortgleich auf dem Klimagipfel vergangene Woche in New York. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums bestätigte, dass über diesen Punkt im Kabinett Konsens herrsche. Nicht einig sei sich die Regierung, ob auch die Förderung privater Investitionen aus Deutschland in Kohlekraftwerke im Ausland, etwa mit Krediten oder Bürgschaften, reduziert werden soll; hier sträubt sich offenbar das zuständige Wirtschaftsministerium.

Die Ankündigung betrifft vor allem die die Förderbank KfW. Das Institut hat von 2006 bis 2013 nach eigenen Angaben 2,8 Milliarden Euro in den Bau und die Modernisierung von Kohlekraftwerken gesteckt. Die Mittel kommen größtenteils aus der KfW-Entwicklungsbank, die die finanzielle Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands abwickelt, und der Ipex-Bank, die Privatinvestitionen fördert. Die Ankündigungen von Hendricks und Müller in New York bedeuten, dass es kein Geld mehr von der Entwicklungsbank für den Neubau von Kohlekraftwerken gibt. Die Modernisierung ist weiter möglich, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Neue Kriterien "im Grundsatz okay"

Dazu zählt nach Angaben des Entwicklungsministeriums das Fehlen einer klimafreundlichen Alternative, die eine sichere Energieversorgung gewährleistet und deren Mehrkosten über zusätzliche Mittel des Landes selbst oder internationaler Geber gedeckt werden könnte. Zudem muss die Modernisierung den Zugang ärmerer Bevölkerungsschichten zu Energie nachweisbar verbessern. Das Vorhaben muss außerdem in eine Klimaschutzstrategie des Landes bis 2050 eingebettet sein und einer umfangreichen Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung unterzogen werden.

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen fordern seit langem, dass die KfW aus der Förderung von Kohlekraftwerken aussteigt. Dass Neubauten künftig ausgeschlossen sind, sei ein „begrüßenswerter Schritt“, sagt die für Energie zuständige Referentin von Misereor in Berlin, Susanne Breuer. Die Kriterien für die Modernisierung seien „im Grundsatz okay“, nun komme es aber darauf an, dass sie auch umgesetzt werden. Zudem dürfe die Modernisierung nicht dazu führen, dass die Laufzeiten von Kraftwerken verlängert würden und sich dadurch der Umstieg auf erneuerbare Energien verzögere.

Unter Entwicklungsfachleuten und Ökonomen ist umstritten, ob die Energiearmut in vielen Ländern ohne fossile Energien wie Kohle und Gas mittelfristig überwunden werden kann. Misereor weist in einem gemeinsamen Positionspapier mit dem evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt darauf hin, dass Kohlestrom in der Regel nicht die arme Bevölkerung erreicht, weil diese meistens nicht an das nationale Stromnetz angeschlossen ist. Netzunabhängige Lösungen wie etwa lokale Solar- oder kleine Wasserkraftwerke seien besser und oft auch preiswerter, vor allem in sehr entlegenen Regionen fernab vom nationalen Netz.

Kohlekraftwerke zur Armutsbekämpfung

Die KfW indes argumentiert in einem Positionspapier, eine vollständige Versorgung aus erneuerbaren Energien sei in vielen Ländern „erst auf längere Sicht realisierbar“. Kohlekraftwerke seien deshalb „eine wichtige Option für einen verbesserten Energiezugang“ und könnten ein „bedeutender Baustein“ für die Armutsbekämpfung sein.

Viele Länder sind stark abhängig von Kohlestrom und können derzeit nicht darauf verzichten. In der Mongolei etwa liefert ein einziges Kraftwerk 70 Prozent der Energie für das nationale Stromnetz, das nach Angaben der KfW 96 Prozent der Stromnachfrage des Landes bedient. Die KfW-Entwicklungsbank hat die Modernisierung des Kraftwerks mit einem Kredit in Höhe von 8,5 Milliarden Euro unterstützt mit dem Ziel, die Stromproduktion effizienter und damit klimaschonender zu machen. Dennoch führen Misereor und Brot für die Welt dieses Projekt in ihrem Positionspapier als ein Beispiel für die von ihnen abgelehnte Kohleförderung an. Susanne Breuer von Misereor sagt, in der Mongolei etwa müsste man auch darauf achten, ob die Kohle für das Kraftwerk unter umwelt- und sozialverträglichen Bedingungen gefördert werde.

Zum neuen Kohlekurs der Bundesregierung will die KfW sich laut einer Sprecherin nicht äußern, bis eine Gesamtstrategie auf dem Tisch liegt, die auch die Förderung privater Investitionen durch die Ipex-Bank umfasst. Zuständig dafür ist das Bundeswirtschaftsministerium. (Tillmann Elliesen)

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