Grenzenlos vermögend

Hinter den Kulissen der Demokratie übt eine globale Machtelite, über die nur selten gesprochen wird, großen Einfluss aus. Ihren Kern bilden die Besitzer riesiger Vermögen – die meisten sind Kinder superreicher Eltern, auch wenn manche wie Bill Gates im Internet-Boom oder wie George Soros mit Finanzspekulation Milliarden erworben haben. Die globale Elite ist keine einheitliche Gruppe, doch die Macht dieser elitären Kreise ist gewachsen.

Die UN-Klimakonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen hätte zum Meilenstein für eine globale Umweltpolitik werden können. Stattdessen endete das Treffen der Regierenden von 190 Staaten in einem Desaster. Doch die öffentliche Aufregung darüber hielt sich in Grenzen. Zu lang ist die Liste hochrangig besetzter Konferenzen zur Eindämmung weltumspannender Probleme – ebenso lang wie die Liste mehr oder minder haltloser Versprechen in den Schlusskommuniques der vermeintlichen Weltregenten: Jedes Mal aufs Neue wird Afrika gerettet, der Hunger endgültig besiegt, die Umwelt geschont oder eine funktionierende Weltfinanzarchitektur installiert.

Die Macht zur Veränderung der Weltordnung liegt längst woanders: Die Privatisierung, die schon Kommunen, Länder und Nationalstaaten von der demokratischen Kontrolle der Bürger befreit hat, hat nun die Weltpolitik erreicht. Während die Behörden angesichts klammer Haushalte überwiegend nur noch Elendsverwaltung betreiben, zieht eine kleine wirtschaftliche Machtelite Profit aus der Not. Die Vorstellungen über diese Elite sind diffus. Sie reichen von bloßen Listen mit den Namen der Superreichen über soziologisch erforschte Netzwerke und Bildungseliten bis hin zu obskuren Konstrukten über mächtige Geheimzirkel.

Autor

Stephan Hessler

ist Politikwissenschaftler und Volkswirt und lehrt an der Universität Frankfurt am Main. Er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von Attac, stellvertretender Vorstand des Vereins Business Crime Control und Mitherausgeber der Zeitschrift BIG Business Crime.

Die Elite wirkt weitgehend im Verborgenen. In Sichtweite der Alten Oper zu Frankfurt warteten im August 2005 Dutzende Fotojournalisten auf jenen Mann, von dem niemand genau wusste, wie er aussieht, obwohl er gerade im Alleingang die komplette Führung der Deutschen Börse AG abgesetzt und diese unter die Kontrolle seines hauseigenen Hedge-Fonds gebracht hatte. Doch Christopher Hohn saß unerkannt unter den Aktionären und verließ das Gebäude über einen Seiteneingang. Hohns Unternehmen, der Children’s Investment Fund (TCI), zählt zu den berüchtigten Heuschrecken, die sich mit allen Tricks die Stimmrechtsmehrheit an Konzernen aneignen und die Unternehmen danach über Entnahmen und Dividenden ausplündern: gestern die Deutsche Börse, heute den japanischen Stromversorger J-Power und die Eisenbahngesellschaft CSX in den USA.

Während die gewählten Regierungen in Kopenhagen, auf G8-Gipfeln oder Entwicklungskonferenzen endlos debattieren, handelt Christopher Hohn. Er bewegt Milliardensummen, mehrt sein Privatvermögen und macht als Philanthrop Schlagzeilen. 2008 spendete er mit über 590 Millionen Euro für eine Kinderhilfsorganisation den höchsten Einzelbetrag, den je ein britischer Spender aufbrachte. Zusammen mit seiner Ehefrau Jamie Cooper-Hohn betreibt er die Children’s Investment Fund Foundation, ein britisches Pendant zur US-amerikanischen Bill & Melinda Gates-Stiftung.

Stundenlohn von 40.000 Euro

Christopher Hohn zählt zur neuen globalen Wirtschaftselite. Nach den Multimilliardären, die der Aufstieg der IT-Branche in den USA in den 1990er Jahren produziert hatte, stoßen jetzt immer mehr Vertreter postmoderner  Finanzbranchen in die Phalanx der Superreichen vor. Investmentbanker, Betreiber von Fonds privater Investoren, Inhaber international tätiger Anwaltskanzleien und Wirtschaftsberatungsfirmen gelten als die Neureichen im Club der transnationalen Geldaristokratie.  

Weltweit verfügen nach zurückhaltenden Schätzungen etwa zweitausend Personen über ein Vermögen von mehr als je einer Milliarde US-Dollar. Die Summe dieser Vermögen entspricht dem Geld, das 80 Prozent der Weltbevölkerung besitzen. 0,0000003 Prozent der Erdenbürger besitzen demnach genau so viel wie 5,2 Milliarden Menschen. Noch deutlicher wird die Verteilung, wenn man private Vermögen in Stundenlöhne umrechnet. Der 25 Jahre alte Albert von Thurn und Taxis, der unter anderem den größten Waldbesitz in Europa geerbt hat, wird 2009 von Forbes auf 2,1 Milliarden US-Dollar taxiert. Um dieses Vermögen binnen 40 Jahren zu erarbeiten, bedarf es eines Stundenlohnes von 40.000 Euro, rechnet Harald Wozniewski auf seiner Internetseite zum „Meudalismus“ vor.

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Adelshäuser vom Range der Thurn und Taxis zählen aber allenfalls zu den B- und C- Promis der internationalen Geldelite. Lediglich 64 Einträge umfasst die Liste der zweistelligen Milliardäre. 28 davon sind US-Bürger, 16 stammen aus Westeuropa, 7 aus Russland, 6 aus Indien, je 3 aus HongKong und Brasilien und niemand aus Afrika. Im Vergleich zur Erhebung aus dem Finanzkrisenjahr 2009 hat sich die Zahl der zweistelligen Milliardäre jetzt fast verdoppelt.

Platz eins belegt mit einem geschätzten Vermögen von 53,5 Milliarden US-Dollar Carlos Slim Helú. Er führt seit Jahren die Rangliste der Milliardäre aus Dritte Welt-Ländern an. Wie kein anderer verkörpert der Mexikaner mit libanesischen Wurzeln die Verknüpfung von Reichtum und politischem Einfluss im neoliberalen Umbau lateinamerikanischer Länder: Der Startschuss zu seinem Aufstieg in die Weltelite der Vermögenden war die Übernahme des staatlichen Telefonkonzerns Telmex. Mexikos Staatspräsident Carlos Salinas betrieb 1990 dessen Privatisierung, und das Konsortium von Slim Helú erhielt den Zuschlag. Noch in der Nacht vor der offiziellen Bekanntmachung der Entscheidung wurde Slim Helú im Präsidentenpalast gesehen. Der Verkaufswert der Telmex war extrem niedrig angesetzt, schon am Tag nach der Übernahme stieg ihr Börsenwert um ein Vielfaches. Ausgestattet mit dem staatlich lizenzierten Privatmonopol konnte der neue Besitzer die Preispolitik nach Belieben gestalten: In Mexiko stiegen die Telekommunikationskosten von Privatleuten und Firmen gegen den globalen Trend, ohne dass ernsthaft in die Infrastruktur investiert wurde. Das brachte Einnahmen ohne nennenswerte Kosten.

Milliardäre in der Politik

In der jüngsten Finanzkrise hat Slim Helú fast 25 Milliarden seines 2008 bilanzierten Vermögens eingebüßt, kontrolliert aber immer noch 8 Prozent des mexikanischen Bruttoinlandsproduktes. Allein die Dividenden aus diversen Beteiligungen und Übernahmen im In- und Ausland lassen sein Vermögen pro Jahr um mehr als eine Milliarde US-Dollar ansteigen. Anders als Mitglieder der Vermögenselite in anderen Staaten hat Slim Helú keine direkten politischen Ambitionen entwickelt. Sein Vater musste noch zu den Hauptsponsoren der regierenden Partei der Institutionalisierten Revolution zählen, um sein Immobilienimperium abzusichern. Der Sohn kann heute über die politischen Eliten des Landes hinweg eigene nationale und internationale Interessen durchsetzen.

Anders die Familie Noboa aus Ecuador. Sie zählt zu den Usurpatoren, die die Macht an sich reißen. Prozesse der Entmilitarisierung der Politik sowie der Marktöffnung und Privatisierung haben zeitweise die Chancen von Milliardären erhöht, über mehr oder minder legitime Wahlen in ein Präsidentenamt zu gelangen und so ihre ökonomische Macht um eine politische Komponente zu erweitern. In Polen, Ecuador oder Thailand hat dies nicht recht funktioniert, in Italien, Chile und in der russischen Provinz sehr wohl. In Italiens hat mit Silvio Berlusconi der reichste Mann des Landes den gesamten Staatsapparat in Besitz genommen und dadurch seine Stellung in der nationalen Elite gestärkt. Die Eroberungsstrategie in Italien hat aber die internationale Marktposition der Berlusconi-Gruppe eher geschwächt.

Ähnliche Erfahrungen musste die Familie Noboa in Ecuador machen. Sie kontrolliert rund 8 Prozent des Weltbananenmarktes, verfügt über eine eigene See- und Luftflotte, Erzminen,  Finanzinstitute, Dienstleistungsunternehmen und internationale Beteiligungen. Sie unterhält Niederlassungen in Italien, Belgien, den USA, Japan, Argentinien und Neuseeland. Über ihr Gesamtvermögen existieren widersprüchliche Schätzungen. Sicher ist, dass Alvaro Noboa Pontón der mit Abstand reichste Mann Ecuadors ist. Bereits dreimal hat er vergeblich für das Präsidentenamt kandidiert, seine Frau regiert die reiche Küstenprovinz Guayas. Keine ecuadorianische Regierung hat ohne den Segen der Noboas lange überlebt. Mit Carlos Slim Helú betreibt er ein lateinamerikanisches Unternehmernetzwerk und verfügt über hervorragende internationale Kontakte, die auf seinen Aufenthalt im Schweizer Internat Le Rosey zurückgeführt werden.

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Le Rosey am Genfer See gilt als die Eliteschule schlechthin. Seit dem späten 19. Jahrhundert werden dort die Zöglinge von Königshäusern, Firmenmagnaten, afrikanischen Kleptokraten und der europäischen High Society erzogen. Zu den Alumni zählen die Könige von Belgien, der Schah von Persien, die Rothschilds, Aga Khans, Rockefellers, Benettons und weitere Vertreter der Superreichen. Der Zugang ist streng begrenzt: Ein Jahr in dieser exklusiven Schule kostet rund 40.000 US-Dollar. Die Alumni bilden ein globales Netzwerk mit Kontakten zu weiteren exklusiven Zirkeln.

Die Kombination aus superreichen Eltern, einer bereits etablierten Machtbasis, einer exklusiven Ausbildung und dem Zugang zu einschlägigen Netzwerken kennzeichnet die heutige globale Machtelite. Geldvermögen scheint hierbei die entscheidende Voraussetzung für die Teilhabe zu sein. Eine Elitenausbildung und der Zugang zu Netzwerken ist eine Folge des Vermögensreichtums, eine hilfreiche Ergänzung. Nur in Ausnahmefällen gelingt es Außenstehenden, in diese Machtelite vorzudringen.

Aber gehören alle, die auf einer Forbes-Rangliste auftauchen, deshalb auch zu einer globalen Machtelite, die abseits verregelter und demokratisch legitimierter Foren weltpolitischen Einfluss ausübt? Die Elitenforschung galt in den Sozialwissenschaften lange als tot; erst seit wenigen Jahren mehren sich Debatten und Publikationen, welche sie neu entfachen und neu ausrichten wollen.

„Wer regiert Amerika?“

Angestoßen wurde die Elitendebatte in den 1950er Jahren von Charles Wright Mills. In seinem Standardwerk „The Power Elite“ von 1956 vertritt er die These, dass sich im Zuge der Unternehmenskonzentration und der Modernisierung der amerikanischen Wirtschaft und Gesellschaft aus eher lokalen und regionalen Eliten eine konsistente nationale Elite herausbilden müsse. Veränderungen in der Technologie und globale Umwälzungen im Kontext des Kalten Krieges hätten die Bedeutung zentraler Machtpositionen in Wirtschaft, Staat und Militär erhöht. Das Ergebnis sei eine auf Zusammenarbeit angewiesene Elite von Männern, die durch ähnliche Herkunft und ähnliche Weltbilder sowie soziale und persönliche Verbindungen gekennzeichnet sei: eine nationale Machtelite.

George William Domhoff geht noch weiter. Sein Klassiker „Who Rules America?“ von 1967, den er bis 2009 mehrmals aktualisiert hat, ist eine schonungslose Abrechung aus marxistischer Perspektive mit einer kleinen Elite ökonomischer Interessenjong­leure, die von den Institutionen und Entscheidungsprozessen in Amerika Besitz ergriffen hätten. Je mehr die Einkommensverteilung auseinanderklaffe, umso mehr bestimme die Geldelite die öffentlichen Debatten und die Besetzung politischer Ämter. In den zweieinhalb Jahrzehnten bis 2006 sei der Anteil am Volkseinkommen, den das reichste Prozent der Amerikaner beansprucht, von 12,8 auf 21,3 Prozent gestiegen, während der Anteil der untersten 80 Prozent von fast 50 Prozent auf 38,6 Prozent gesunken sei, stellt Domhoff fest. Gleichzeitig trügen die Reichen in den USA aufgrund der von ihnen selbst geprägten Politik immer weniger zum Steueraufkommen des Landes bei. Die Folge sei die Unterfinanzierung des Staates; die Handlungskompetenz politischer Institutionen schwinde und die Macht wirtschaftlicher Eliten wachse.

Ursprünglich zielte Domhoff auf die Erklärung der nationalen Macht der Eliten ab, in der Ausgabe von 2009 fügt er eine globale Dimension hinzu. Die globale Elite geht demnach zwangsläufig aus bislang eher national konstituierten herrschenden Klassen hervor. In diese Richtung argumentieren auch Rosabeth Moss Kanter und Leslie Sklair: In dem Maße, da ökonomische Einheiten größer werden, die internationale Arbeitsteilung sich vertieft, multinationale Konzerne und globale Finanzmärkte entstehen, könnten klassische politische Vertretungsorgane globale Prozesse immer weniger steuern, und Eliten unterschiedlicher Nationalstaaten wüchsen zu kooperativen, aber auch konkurrierenden Einheiten zusammen.

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Laut David Rothkopf hat die aus rund 6000 Personen bestehende „Superklasse“ die globale Gestaltungsmacht an sich gerissen. Seine Beschreibung beruht auf Insiderkenntnissen: Rothkopf hat lange Jahre in leitenden Positionen im Zentrum der amerikanischen Außenwirtschaftspolitik und im Consulting-Büro Henry Kissingers gearbeitet und hält einen Sitz im Council of Foreign Relations – beides Institutionen, die von Verschwörungstheoretikern gerne als Beleg für eine heimliche Weltregierung herangezogen werden. Nach Rothkopf kennzeichnet die neue globale Elite die Fähigkeit, Informationen und Kontakte früher und intensiver zu nutzen als andere, und natürlich der Besitz von Vermögen, um diese Informationen gewinnbringend zu vermarkten. Die Superklasse fülle das Machvakuum, das Nationalstaaten und ebenso richtungslose wie unterfinanzierte internationale Institutionen auf globaler Ebene lassen. Global regiere heute die „Partei von Davos“, merkt Jeff Faux in „The Global Class War“ (2006) an: Transnational orientierte und vernetzte Eliten setzten maßgebliche Rahmenbedingungen für die neue Weltordnung, während der amerikanische Mittelstand zusehen müsse, wie seine Ersparnisse und Familien schutzlos diesen elitären Zirkeln ausgesetzt seien.

Nach der Lektüre alter und neuer Elitenstudien lassen die zahlreichen Definitionen und Herleitungen ein gewisses Maß an Unschärfe zurück. Plausibel erscheint die Argumentation, dass zwischen der globalen Ungleichverteilung des Reichtums und der Ausprägung neuer Macht- und Entscheidungsformen eine Verbindung besteht. Ob man über Kapital verfügt, bestimmt darüber, ob man neue Gelegenheiten zur Kapitalvermehrung nutzen kann. Wahrscheinlich geht auch die Schwächung demokratischer und auf Leistung und Verdienst beruhender Strukturen im Regieren mit der Stärkung der Macht elitärer Zirkel einher.

Freiwillige Verantwortung genügt nicht

Die Herrschaft der Reichen ist nicht nur ein Problem für die Demokratie. In von der übrigen Gesellschaft isolierten, exklusiven kulturellen und sozialen Welten zu leben, liefert auch einen idealen Nährboden für schwere Fehlwahrnehmungen. Wer in eigenen Wohnvierteln aufwächst und mit eigenen Verkehrsmitteln reist, in speziellen Schulen erzogen und in speziellen Krankenhäusern behandelt wird, der verliert den Kontakt zum Rest der Welt und gerät leicht in einen Strudel von Bedrohungsvorstellungen und chronischer Selbstüberschätzung. Dies gilt insbesondere für die Einschätzung „angemessener“ eigener Vergütungen, das Lamento über  „ungerechtfertigte“ Abgaben und Steuern oder über die angeblich „dreiste“ Einmischung demokratischer Institutionen in die eigene Geschäftspolitik.

Der Zugang zu Informationen spielt für die Konstitution von Eliten eine immer wichtigere Rolle. Wer Nachrichten verzögert oder verzerrt weitergibt, erwirbt einen Wettbewerbsvorteil. Informationseliten bewegen sich in der Grauzone zum illegalen Insiderhandel. Der Charakter der Verschwiegenheit, der manche ihrer Vertreter und manches exklusive Treffen umgibt, verhindert demokratische Kontrolle.

Allein aus der Verschwiegenheit eine besondere Machtfülle abzuleiten, führt aber zu Verschwörungstheorien, die nicht überzeugen. Vermeintliche Netzwerke erscheinen von außen oft homogener, als sie tatsächlich sind. Die „Partei von Davos“, die „Bilderberger“, ein 1954 gegründeter Club aus einer Hundertschaft prominenter Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, benannt nach einem niederländischen Tagungsort, oder die „Trilaterale Kommission“, ein von dem ehemaligen US-Sicherheitsberater Brzezinski in den 1970er Jahren ins Leben gerufener Debattierclub, der die Beziehungen zwischen den USA, Europa und Japan verbessern sollte – sie alle stellen überaus zerstrittene Gruppen dar. Alte Geldeliten geraten von Seiten neuer Eliten und Branchen unter Druck. Und indische Milliardäre sowie Schwellenländerfonds rufen neuerdings die selbstherrlichen Unternehmensvorstände in Europa und den USA zur Räson.

Bei aller Kritik an den wiederbelebten Elitenmodellen bietet die Debatte neue Möglichkeiten, Verantwortung an Personen festzumachen. Das steht im Gegensatz zum Trend in den Wirtschaftswissenschaften der vergangenen drei Jahrzehnte, von Personen unabhängige Gesetze zu konstruieren und die Allokation des Kapitals als quasi naturgesetzlich darzustellen. Über Eliten zu sprechen hilft dagegen, Personen öffentlich für Unrecht mitverantwortlich zu machen – etwa die Individuen zu benennen, die sich vor der Steuerpflicht in windige Unternehmenskonstruktionen oder in Offshore-Fluchtburgen davonstehlen.

Es genügt aber bei weitem nicht, von den Superreichen freiwillige Verantwortung einzufordern und von der breiten Masse Steuern einzuziehen. Wir brauchen keinen globalen Suppenküchen- und Almosenstaat, in dem Reiche ihre Wohltätigkeit nach eigenem Belieben taxieren. Die Gestaltungsmacht demokratischer Institutionen hängt maßgeblich von ihrer dauerhaften und sicheren Finanzierung ab. Die wirksame Besteuerung von Reichtum ist daher eine grundlegende Voraussetzung für die Ausgestaltung einer gerechten Weltordnung. Wir brauchen nicht die Verantwortung der Superreichen, sondern ihr Geld.

 

erschienen in Ausgabe 4 / 2010: Globale Eliten - Von Reichtum und Einfluss
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