Von der Leyens Traum

EU und Afrika
Die neue EU-Chefin sollte den Afrikanern nicht nur zuhören, sondern eine andere Politik machen, meint Tillmann Elliesen.

Sie sei nicht mit einem großen Plan für Afrika gekommen. „Ich bin vor allem hier, um zuzuhören.“ Ursula von der Leyen dürfte nicht die erste Spitzenpolitikerin der EU gewesen sein, die bei unseren südlichen Nachbarn mit dieser diplomatischen Floskel aufwartet. Den Afrikanerinnen und Afrikanern endlich mal zuhören: Das klingt angemessen demütig für die oberste Vertreterin des Kontinents, der für 500 Jahre koloniale Ausbeutung Afrikas verantwortlich ist und auch seit der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten diese immer wieder politisch und wirtschaftlich über den Tisch gezogen hat. Das Problem: In der Vergangenheit war es oft schnell vorbei mit dem Zuhören und die Europäische Union hat gegenüber Afrika dann doch wieder mehr oder weniger rücksichtslos ihre Interessen durchgesetzt.

Ändert sich das jetzt unter der neuen Kommissionspräsidentin, die bei ihrem Kurzbesuch am Wochenende in Addis Abeba in Äthiopien davon sprach, Afrika sei „mehr als nur ein Nachbar“ und Europa wolle eine „gleichberechtigte Partnerschaft“? Wenn von der Leyen das ernst meint, dann müsste sie die EU-Politik gegenüber Afrika in einigen Punkten deutlich korrigieren. Denn diese Politik ist in den vergangenen Jahren in eine Richtung gegangen, die mit einer solchen gleichberechtigten Partnerschaft nicht vereinbar ist und die eher kurzfristigen Interessen der EU dient als dem „Traum von Frieden und wirtschaftlichem Wohlstand unserer Kontinente“, den von der Leyen in Addis beschworen hat.

Die Entwicklungspolitik der EU verdorben

Deutlich wird das vor allem beim Umgang mit Migration: Seit Jahren ist es das oberste Ziel der EU, die Einwanderung aus Afrika zu begrenzen. Um das zu erreichen, übt sie ordentlich Druck auf afrikanische Staaten aus, damit diese Wanderungsbewegungen stärker überwachen und unterbinden. Das erschwert aber auch normale innerafrikanische Arbeitsmigration, was nicht in Afrikas Interesse ist – zumal dort ab nächstem Jahr eine kontinentweite Freihandelszone entstehen soll, die langfristig ohne Personenfreizügigkeit nicht zu haben ist.

Die Furcht vor Migranten aus Afrika hat zudem die EU-Entwicklungspolitik gegenüber dem Kontinent verdorben. Die soll jetzt helfen, Fluchtursachen zu bekämpfen – und deshalb fließt viel Geld in kurzfristige Maßnahmen, mit denen Jobs geschaffen werden sollen, um jungen Afrikanern zuhause eine „Perspektive“ zu geben. Solche Schnellschüsse tragen aber nicht zu langfristiger wirtschaftlicher Entwicklung bei.

Stattdessen sollte Europa gemeinsam mit afrikanischen Regierungen überlegen, wie Migration erleichtert, sicherer gemacht und so gesteuert werden kann, dass sie für alle Beteiligten den größten Nutzen bringt: für die Herkunftsländer, für die Zielländer und vor allem für die Migranten selbst. Das würde wohl mindestens so stark zum Wohlstand beider Kontinente beitragen, von  dem von der Leyen träumt, wie sämtliche Entwicklungshilfe oder Investitionsförderung.

Ist die neue Kommissionspräsidentin zu solchen Korrekturen bereit? Schaut man in die Aufgabenbeschreibungen, die sie ihren Kommissarinnen und Kommissaren geschickt hat, sieht es nicht danach aus. Diese Papiere klingen weniger nach Aufbruch, sondern mehr nach Abschottung gegen eine ungemütlicher werdende Welt jenseits von Europa. Aber vielleicht macht von der Leyen es ja anders als manche andere EU-Vertreter vor ihr und hört den Afrikanern nicht nur demütig zu, sondern lernt auch etwas daraus.

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Man darf gespannt sein, welche Kapriolen die Politiker noch vorführen. um als wichtig und geschäftig wahrgenommen zu werden. Dabei ist der Klimawandel ein völlig ungeeignetes Thema, wenn man Erfolge vorweisen will. Allein der immer wieder genannte Zeitrahmen von zehn bis fünfzig Jahren zeigt doch deutlich, dass diese Volksvertreter Erfolg oder Misserfolg ihrer Entscheidungen nicht mehr erleben werden. So kann man leicht Versprechungen machen. Fest steht, und man kann es nicht oft genug sagen, die Klimagase von 150 Jahren Wirtschaftsentwicklung lagern in der Lufthülle und verursachen den Glashauseffekt. Was täglich hinzuaddiert oder eingespart wird, hat keinerlei Einfluss. Deshalb sind alle Aktionsprogramme bei der CO2-Einsparung mit dem Ziel die Erwärmung der Biosphäre zu stoppen. vollkommen wirkungslos. Trotzdem wird die zusätzliche Besteuerung von fossiler Energie eingeführt. Wenn das so kommt und die versprochene Wirkung bleibt aus o.g. Gründen aus, dann werden die verärgerten Bürger und Steuerzahler wild um sich schlagen und Parteien wählen, die sich aus der sinnleeren Klimadebatte herausgehalten haben. Dann bleibt übrig die Verteuerung der Lebenshaltung und die absolut lächerliche Forderung nach Reduzierung der CO2 Emissionen von 50% innerhalb von 10 Jahren. Das würde bedeuten, halb so viel heizen, halb so viel Auto fahren, reisen, essen, produzieren. Haben diese Politiker den Verstand verloren? Wenn Deutschland vergleichsweise schlecht abschneidet beim Energieverbrauch, hat das viele Gründe. Der Pro-Kopf-Verbrauch von fossiler Energie ist nirgends niedriger als in Ländern Afrikas wie Mali oder Burkina Faso, aber wer möchte dort leben und arbeiten? Der Verbrauch von fossiler Energie nahm und nimmt weltweit nur ab während Wirtschaftskrisen und -flauten. Die nächste Flaute ist nicht weit weg, wenn Politiker mit Röhrenblick weitermachen wie angedacht. Und dann sind wieder andere Themen auf der Agenda.

Hallo Herr Lohmann, in meinem Kommentar geht es doch gar nicht ums Klima. Und in Ihrem Kommentar zu meinem Kommentar geht es nicht um die Afrikapolitik der EU. Das passt irgendwie nicht zusammen, oder wie sehen Sie das? Viele Grüße, Tillmann Elliesen, welt-sichten

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