Brasiliens Opposition will Amtsenthebung von Präsident Bolsonaro

Obwohl sich das Coronavirus in Brasilien rasant ausbreitet, verharmlost Präsident Bolsonaro die Lage. Verantwortungslos und kriminell, schimpft die Opposition und droht mit einer Amtsenthebung. Doch die Verfassung hat hohe Hürden aufgestellt.

Berlin, São Paulo (epd). In Brasilien wächst der Druck auf den rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro wegen seines Umgangs mit der Corona-Krise. Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva warf dem Amtsinhaber kriminelles Handeln vor und forderte seine Amtsenthebung. "Im Kongress liegen 35 Anträge auf Amtsenthebung vor", sagte Lula in einem Interview mit dem TV-Sender CNN am Dienstag (Ortszeit). Der Parlamentspräsident müsse einen davon zur Abstimmung bringen.

Der Linkspolitiker Lula warf Bolsonaro Verantwortungslosigkeit im Umgang mit der Corona-Pandemie vor. Brasilien ist nach den USA am schwersten von der Pandemie betroffen. Offiziell sind bereits mehr als 30.000 Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben. Die Zahlen steigen weiter rasant an.

Indigene Völker bedroht

"Brot für die Welt" sorgt sich vor allem um die indianische Bevölkerung im Amazonas-Gebiet, wo die wenigen Krankenhäuser bereits überlastet sind. "Die Corona-Pandemie könnte die indigenen Völker in ihrer Existenz bedrohen", sagte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Unter Bolsonaro würden ihre in der Verfassung verankerten Rechte missachtet. Auch der Klimaschutz werde übergangen, um die Regenwaldregion maximal wirtschaftlich auszubeuten.

Cibele Kuss, Leiterin der Lutherischen Stiftung für Diakonie in Brasilien, warnt vor dramatischen Entwicklungen. "Das Virus dringt immer weiter in bisher geschützte Gebiete des Amazonas vor", sagte sie. "Dadurch steigt zum einen die Ansteckungsgefahr für Indigene, zum anderen drohen neue Konflikte um Land auszubrechen."

Mögliche Beeinflussung der Justiz

Der konservative Parlamentspräsident Rodrigo Maia hatte keinen der Anträge auf Amtsenthebung zur Beratung zugelassen und steht deshalb in der Kritik. Einer der Anträge stammt von Lulas Arbeiterpartei PT. Bolsonaro hatte die Pandemie mehrfach öffentlich als "kleine Grippe" und als Inszenierung der Medien bezeichnet. Er widersetzt sich den von den Gouverneuren der Einzelstaaten verhängten Versammlungsverboten und Quarantäne-Maßnahmen. Gleichzeitig hat das Oberste Gericht Untersuchungen gegen Bolsonaro wegen möglicher Beeinflussung der Justiz eingeleitet.

Die brasilianische Verfassung setzt hohe Hürden für eine Amtsenthebung. Unter anderem müssen Abgeordnetenhaus und Senat mehrheitlich dafür stimmen, dass ein Amtsenthebungsverfahren überhaupt eingeleitet wird. Präsidentin Dilma Rousseff (Arbeiterpartei) war 2016 in einem politisch motivierten Verfahren ihres Amtes enthoben worden. Ihr wurden Regelverstöße im Bundeshaushalt vorgeworfen.

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