Regierungskritische Journalistin auf Philippinen schuldig gesprochen

Der prominenten philippinischen Journalistin Maria Ressa drohen wegen "Verleumdung im Internet" bis zu sechs Jahre Haft. Noch ist sie auf Kaution frei. Kritiker sprechen von einem "absurden Verfahren" und einem schwarzen Tag für die Pressefreiheit.

Frankfurt a.M., Manila (epd). Auf den Philippinen ist die regierungskritische Journalistin Maria Ressa der "Verleumdung im Internet" für schuldig befunden worden. Zunächst könne die Chefin der Nachrichtenseite "Rappler" gegen Kaution auf freiem Fuß bleiben, berichteten am Montag das Onlineportal selbst sowie andere Medien des Landes über den Richterspruch in der Hauptstadt Manila. Der 56-jährigen Ressa und einem früheren Mitarbeiter drohen bis zu sechs Jahre Haft. Medienverbände und Menschenrechtler sprachen von einem politisch motivierten Angriff auf die Pressefreiheit und die Demokratie. Ressa ist eine der schärfsten Kritikerinnen von Staatschef Rodrigo Duterte.

In dem Prozess ging es um die Anzeige eines Geschäftsmanns, der sich durch einen "Rappler"-Artikel im Jahr 2012 diffamiert fühlte. Darin ist von Verbindungen zwischen dem Geschäftsmann, dem Verwicklungen in Menschenhandel und Drogengeschäfte vorgeworfen werden, und einem damals hochrangigen Richter die Rede. Laut Anklage haben Ressa und ihr Kollege gegen das "Gesetz gegen Internetkriminalität" verstoßen. Die Verteidigung hingegen argumentierte, das Gesetz sei erst vier Monate nach Erscheinen des Artikels in Kraft getreten. Ressa und ihr Mitarbeiter können vor dem Obersten Gericht Berufung einlegen. Zugleich drohen der Journalistin und ihrem Team weitere Verfahren, unter anderem wegen angeblicher Steuerhinterziehung.

Kritiker: Urteil trägt Handschrift von Präsident Duterte

Die Nationale Journalistengewerkschaft auf den Philippinen sprach von einem "schwarzen Tag" für die Pressefreiheit und alle philippinischen Landsleute. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisierte das Verfahren als "absurd" und forderte, den Entscheid aufzuheben. Damit habe die philippinische Justiz einen völligen Mangel an Unabhängigkeit von der Regierung bewiesen, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin: "Das Urteil trägt eindeutig die Handschrift von Präsident Duterte".

Amnesty International forderte ebenfalls, das Urteil aufzuheben: Dieses sei eine Farce, monierte Asien-Pazifik-Chef Nicholas Bequelin. Ähnliche Kritik kam von Human Rights Watch: Der Richterspruch unterstreiche die Tatsache, dass ein rücksichtsloser Führer in der Lage sei, die Gesetze zu manipulieren, um kritische, angesehene Stimmen in den Medien zu verfolgen, sagte Vize-Asiendirektor Phil Robertson.

"Rappler" hatte über Dutertes brutalen "Anti-Drogen-Krieg" berichtet

Ressa erklärte, sie werde auch in Zukunft gegen jegliche Angriffe auf die Pressefreiheit kämpfen. Die einstige CNN-Journalistin war vom US-Magazin "Time" zusammen mit anderen Reportern 2018 zur "Person des Jahres" gekürt worden. Das von ihr mitgegründete Nachrichtenportal "Rappler" hatte wiederholt über Dutertes brutalen "Anti-Drogen-Krieg" berichtet. Seit dem Amtsantritt des Präsidenten Mitte 2016 wurden dabei laut Menschenrechtlern bis zu 27.000 Menschen getötet.

Duterte hatte "Rappler" wiederholt vorgeworfen, Fake News zu verbreiten und anderen kritischen Medien ebenfalls mit juristischen Konsequenzen gedroht. Anfang Mai musste der Medienkonzern ABS-CBN seinen Betrieb einstellen. Auf der ROG-Rangliste zur weltweiten Pressefreiheit belegen die Philippinen Platz 136 von 180 Ländern.

Schlagworte

Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!