Abfangen und abschieben

Wieder ertrinken Hunderte Flüchtlinge bei der Überfahrt nach Europa im Mittelmeer. Die Antwort der EU auf das Flüchtlingsdrama: Willkommenszentren und mehr Grenzschutz in Afrika.

Die nordafrikanischen Staaten sollen Migranten und Flüchtlinge aufhalten, die nach Europa wollen. In „EU-Willkommenszentren“ in diesen Ländern sollen Kandidaten für die Zuwanderung nach Europa ausgesiebt werden – und der absehbar überwiegende Rest dahin abgeschoben werden, woher er gekommen ist.

Soweit die Kernsätze eines sogenannten „Non-Papers“, das Italiens Innenminister Angelino Alfano beim EU-Ministerrat Anfang März vorlegte und mit seinen Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Spanien sowie einigen EU-Kommissaren besprach. Nach Ostern suchte dann der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopulos in Kairo den ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah al-Sisi und seine Regierung für Gespräche über Migration auf.

Die EU bildete lybische Milizionäre zu Grenzschützern aus

Inzwischen wurden aus dem EU-Ministerrat kommende Meldungen über „hunderttausende Flüchtlinge“ verbreitet, die allein in Libyen auf Gelegenheit für eine Überfahrt nach Italien warteten. Das von verfeindeten Milizen umkämpfte Land hat keine für die EU verlässliche Küstenwache mehr, weshalb die Nachbarn Tunesien und Ägypten diese Aufgaben übernehmen sollen, unterstützt von der EU-Grenzwache FRONTEX. Mit Algerien und Marokko bestehen bereits Absprachen zur gemeinsamen Überwachung ihrer Mittelmeerküsten.

Hunderte Kämpfer der libyschen Milizen freilich, die sich jetzt um die Macht im ehemaligen Gaddafi-Staat und um das Geschäft mit dem Verschiffen von Migranten in Richtung Europa raufen, wurden noch vor kurzem von Brüssel zu Grenzwächtern ausgebildet und entsprechend ausgerüstet: Im Rahmen der EU-Grenzschutzmission European Union Border Assistance Mission in Libya (EUBAM Libya) sollten sie nach dem Zerfall des Gaddafi-Regimes den Zustrom von südlich der Sahara abwehren.

Einschlägige Erfahrungen mit sogenannten "EU-Orientierungsbüros"

Und auch mit „Willkommenszentren“ gibt es bereits einschlägige Erfahrungen: Vor vier Jahren richtete die EU eine solche Stelle in Niamey ein, der Hauptstadt von Niger. Sie erwies sich schnell als Flop: Die wenigen nicht Ortsansässigen, die auf dem Weg nach Norden das EU-„Orientierungsbüro“ dort anliefen, wurden schon von den Torwächtern gar nicht erst hineingelassen.

Gegen die von den EU-Innenministern diskutierten Vorhaben braut sich breiter Widerspruch an: im EU-Parlament, von Hilfswerken und Menschenrechtsorganisationen, sogar von den Vereinten Nationen, die grundlegende Flüchtlings- und Menschenrechte gefährdet sehen. Auch die Afrikanische Union hält die Gedankenspiele für einen „gefährlichen Ansatz“, erklärte ihr Brüsseler EU-Botschafter Ajay K. Bramdeo.

 

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erschienen in Ausgabe 5 / 2015: Töten für den rechten Glauben
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