Im Visier der Staatsanwaltschaft

Im spektakulären Bau- und Betrugsskandal um das Bonner World Conference Center (WCCB) gerät die Präsidentin der Deutschen Welt­hungerhilfe, Bärbel Dieckmann, immer mehr ins Visier der Bonner Staatsanwaltschaft. In der Bonner Zentrale der Welthungerhilfe betrachtet man das mit Sorge.

Nach anfänglichem Untreue-Verdacht ermittelt die Staatsanwaltschaft nun auch wegen möglicher Bestechlichkeit gegen die frühere Bonner Oberbürgermeisterin. Das meldete Anfang September der Bonner General-Anzeiger, der seit Monaten immer neue Details des Bauskandals ans Licht bringt. Dieckmann und ihre WCCB-Projektleiter sollen dem Bauantrag eines Hotelinvestors nur unter der Bedingung zugestimmt haben, dass dieser mehr als 100.000 Euro Unterstützung für das WCCB-Hotel beisteuert.

Bei den Plänen, für die in Bonn ansässigen UN-Organisationen ein  repräsentatives Konferenzzentrum zu schaffen, war die Stadt einem Betrüger aus Südkorea auf den Leim gegangen: Der inzwischen mit Haftbefehl gesuchte Man-Ki Kim hatte sich als Vertreter eines solventen Bauunternehmens ausgegeben. Dabei hat es sich aber offenbar nur um eine im Steuerparadies Delaware (USA) gemeldete Briefkastenfirma gehandelt, deren Zweck sich darin beschränkte, von der Stadt Bonn Kreditbürgschaften zu erhalten. Absehbarer Schaden für die Stadt: rund 200 Millionen Euro.

Überraschend hatte Dieckmann 2008 nicht wieder kandidiert

Bei der Welthungerhilfe bewahrt man nach außen Stillschweigen. Doch sehen Insider der Bonner Zentrale die sich zuspitzende Entwicklung mit Sorge. Die Mitgliederversammlung der großen und angesehenen Hilfsorganisation hatte Bärbel Dieckmann Ende November 2008 zur Präsidentin gewählt. Zuvor hatte Dieckmann überraschend darauf verzichtet, noch einmal für das Bonner OB-Amt zu kandidieren. Der Skandal um das Konferenzzentrum geht bis auf das Jahr 2005 zurück und hat sich seither immer mehr hochgeschaukelt – unter fragwürdigem Mitwirken auch von Spitzenleuten der Bonner Verwaltung.

Staatsanwaltliche Ermittlungen seien noch keine Klageerhebung und grundsätzlich gelte die Unschuldsvermutung, meint ein Welthungerhilfe-Mitarbeiter. Ein Rücktritt käme einem Schuldbekenntnis von Frau Dieckmann gleich; eine Abwahl sei derzeit kein Thema. Doch die Sorge der Organisation, dass die Sache keine Angelegenheit der Ex-Oberbürgermeisterin bleiben, sondern auch zum Problem der Welthungerhilfe werden könnte, ist offensichtlich. Denn die Unschuldsvermutung gilt bis zu einem eventuellen Urteil, und  das kann angesichts der komplizierten Materie dauern – eine Zeit, in der Dieckmann wohl im Gespräch bleiben wird. Keine schöne Aussicht für die Hilfsorganisation. (ell/di)

erschienen in Ausgabe 10 / 2010: Artenvielfalt: Vom Wert der Natur
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