Deutsche Entwicklungshilfe zieht Personal aus Äthiopien ab

Getty Images/J. Countess
In einer Grundschule im äthiopischen Ebenat bereiten die Verwalter eines Camps die Essensverteilung für vertriebene Menschen vor. Nach Angaben der Lagerverwaltung leben 18.000 Binnenvertriebene hauptsächlich in diesem Camp und in der Stadt Ebenat.
Tigray
Nachdem der äthiopische Premier Anfang November den Ausnahmezustand ausgerufen hat, wird es auch den deutschen Entwicklungshelfern zu gefährlich. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der GIZ und nichtstaatlicher Organisationen sollen ausreisen. Die humanitäre Hilfe soll aber weiter gewährleistet werden. 

Wenige Tage nach der neuen Reisewarnung des Auswärtigen Amts für Äthiopien reagiert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf die sich zuspitzende Lage. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) zieht Beschäftigte aus dem afrikanischen Land ab. Auch Mitarbeiter von nichtstaatlichen Organisationen sind aufgerufen, auszureisen. 

Die Regierung von Premierminister Abiy Ahmed hatte Anfang November einen landesweiten Ausnahmezustand ausgerufen. Befürchtet wird ein Angriff von Rebellen auf Addis Abeba. Die Vereinten Nationen haben indes vor einer Ausweitung des Bürgerkriegs im Norden Äthiopiens gewarnt. Die Versorgung hunderttausender notleidender Menschen wird von der Regierung gehindert, zuletzt wurden nach UN-Angaben 72 Fahrer im Dienst des Welternährungsprogramms (WFP) im Norden und 22 Ortskräfte in der Hauptstadt festgesetzt. 34 Fahrer seien inzwischen wieder frei, berichtete ein UN-Sprecher am Dienstag. 

Die Bundesregierung hat nach Abstimmung im Krisenstab am 10. November eine allgemeine Reisewarnung für Äthiopien ausgesprochen und alle deutschen Staatsangehörigen aufgefordert, die verfügbaren kommerziellen Flüge zur Ausreise zu nutzen. Wie das Entwicklungsministerium (BMZ) auf Anfrage mitteilte, richte sich diese Aufforderung an alle deutschen Staatsangehörigen, somit auch an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von privaten Einrichtungen. „Die GIZ reduziert entsprechend der Aufforderung ihr nach Äthiopien entsandtes Personal auf ein Kernteam“, so eine BMZ-Sprecherin weiter. „Rund 90 Prozent des GIZ-Personals werden Äthiopien vorübergehend verlassen, und ihre Tätigkeit soweit möglich von Deutschland oder einem Drittland aus fortsetzen.“

Personalabzug soll nicht dauerhaft sein

Andere Organisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gehen laut BMZ ähnlich vor. Ziel sei es dennoch, „die Handlungsfähigkeit möglichst aufrecht zu erhalten“, um weiterhin die notleidende Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Der Personalabzug solle auch nicht dauerhaft sein. 
 
Auf ihrer Website gibt die GIZ die Zahl ihrer internationalen Mitarbeiter in Äthiopien mit 158 und der nationalen Kräfte mit 801 an, zudem gebe es mit Stand Ende 2020 im Land 20 Entwicklungshelfer und fünf integrierte Fachkräfte. Die Organisation unterstützte bislang den Reformkurs der Regierung, der vorsieht, die Armut zu bekämpfen, Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen sowie das Wirtschaftswachstum zu fördern. Sie hilft dem Staat, die rund eine Million Flüchtlinge im Land zu versorgen. Überdies werden nach GIZ-Angaben die Förderung von Sozial- und Umweltstandards in der Industrie, Gesundheit, erneuerbare Energien sowie die Konfliktbearbeitung mit dem Zivilen Friedensdienst unterstützt. 

Aktuell sind laut BMZ alle deutschen entwicklungspolitischen Vorhaben in Tigray sowie Aktivitäten in Teilen Afars und Amharas unterbrochen. In anderen Landesteilen werde die Entwicklungszusammenarbeit im Einklang mit der EU fortgeführt. Seine Reformpartnerschaft mit Äthiopien hat Deutschland wegen des autoritären Schwenks von Präsident Ahmed ausgesetzt. Zu deren Bedingungen gehören die Durchführung allgemeiner Wahlen, Schritte für eine politische Lösung des Tigray-Konfliktes und die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen. Eine Fortsetzung macht Berlin davon abhängig, wie sich die äthiopische Regierung im Tigray-Konflikt weiter verhält und was sie tut, um die humanitäre Lage zu verbessern. 

Zugang für humanitäre Hilfe ist eine "Herausforderung"

Der Vielvölkerstaat galt lange als Stabilitätsanker der Region. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), der vor einem Jahr begann, hat sich auf weitere Landesteile ausgeweitet. Die Regierung ist geschwächt, dem Staat droht der Zerfall. 

Der Zugang für humanitäre Hilfe im Norden Äthiopiens war auch im Oktober eine „Herausforderung“, stellte das UN-Koordinierungsbehörde OCHA im jüngsten Lagebericht fest. Feindseligkeiten hätten sich in den Regionen Amhara und Afar verschärft und weitere Tausende Menschen in die Flucht getrieben. Da das Konfliktgebiet Tigray für Nothilfe, Medikamente, Treibstoff oder Bargeld versperrt geblieben sei, seien die meisten Hilfsoperationen im gesamten Norden des Landes zurückgefahren oder eingestellt worden. 

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