Schlechte Noten für Klimaprojekte der EU

Annalena Baerback besichtigt Klimaschäden auf der Insel Palau.
picture alliance/dpa/Britta Pedersen
Außenministerin Annalena Baerbock besichtigt im Juli 2022 bei ihrem Besuch der Inselrepublik Palau die Erosionsschäden am Melekeok Beach und spricht mit dem betroffenen Anwohner Ngirangas Biallany Thomas. Im Mittelpunkt des Besuchs standen die Auswirkungen der Klimakrise, denn als Inselstaat ist Palau besonders davon betroffen.
Entwicklungszusammenarbeit
Laut dem Europäischen Rechnungshof haben EU-Hilfsprogramme, die Entwicklungsländer widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels machen sollen, nicht viel gebracht. Die EU-Kommission antwortet auf die Kritik – und hat ein paar gute Argumente.

Von 2007 bis 2022 hat die Europäische Union rund 730 Millionen Euro in ein Programm gesteckt, das Länder in Afrika, Asien und der Karibik unterstützen sollte, besser mit den Folgen des Klimawandels fertigzuwerden. Die sogenannte Global Climate Change Alliance (GCCA) war in diesen 15 Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit das Brüsseler Flaggschiff für Anpassung an den Klimawandel. In einem Gutachten kommt der Europäische Rechnungshof (European Court of Auditors) zum Ergebnis, dass die GCCA ihr Ziel weitgehend verfehlt hat: Es sei nicht erkennbar, dass sie die Widerstandsfähigkeit („resilience“) der Partnerländer gegenüber den Folgen des Klimawandels gestärkt hat. 

Der Rechnungshof moniert zudem, dass sich das Programm vor allem in seiner zweiten Phase ab 2014 nicht mehr wie beabsichtigt an die ärmsten und verletzlichsten Länder gerichtet habe und dass in vielen Fällen Projektkosten nicht transparent erklärt worden seien. So hätten sich etwa die Personalkosten für ein Vorhaben für nachhaltiges Landmanagement in Äthiopien verdoppelt, weil die durchführende Organisation mehr Mitarbeiter eingestellt und höhere Gehälter gezahlt habe. Es sei aber nie geprüft worden, ob das nötig und angemessen war. 

Der Rechnungshof stützt sein Gutachten auf die Analyse von 14 Projekten im Rahmen der GCCA, die insgesamt rund 16 Prozent des Gesamtbudgets des Programms ausgemacht haben. Rund zwei Drittel aller GCCA-Projekte betrafen den Schutz der Umwelt und natürlicher Ressourcen sowie Landwirtschaft und Ernährungssicherung. Durchgeführt wurden die Projekte vor allem von UN-Organisationen und Entwicklungsagenturen der EU-Mitgliedstaaten.

Erfolgversprechende Pilotprojekte wurden selten ausgebaut

Ein zentraler Kritikpunkt des Rechnungshofes lautet, dass es bei den meisten GCCA-Projekten um Trainings und Workshops etwa für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden der Partnerländer („capacity building“) gegangen sei, nicht um praktische Schritte zur Anpassung an den Klimawandel. Zudem seien erfolgversprechende Pilotprojekte zu selten ausgebaut und etabliert worden. Oder die Anpassungsmaßnahmen seien so ausgelegt gewesen, dass sie die arme Bevölkerung nicht erreichten. Im Pazifikstaat Palau etwa habe ein Projekt zum Ziel gehabt, Tanks zum Auffangen von Regenwasser auf entlegenere Inseln zu transportieren und dort aufzustellen. Kleine und arme Haushalte hätten sich diesen Transport gar nicht leisten können. All das hatte laut dem Gutachten zur Folge, dass die Vorhaben den vom Klimawandel betroffenen Bevölkerungsgruppen kaum geholfen haben. 

Autor

Tillmann Elliesen

ist Redakteur bei "welt-sichten".
Die meisten GCCA-Projekte haben laut Rechnungshof ihre unmittelbaren Ziele („outputs“) erreicht, unklar sei aber in den meisten Fällen, welche längerfristige Wirkung („outcomes“) sie für die Zielgruppen hatten. Denn die EU-Kommission habe es versäumt, die Ausgangslage vor Projektbeginn zu erfassen sowie Indikatoren zu definieren, um die Wirkung zu messen. Zudem habe oft eine Exitstrategie gefehlt, also ein Verfahren, das gewährleistet, dass ein Projekt nach dem Ende der Förderung weiterläuft. Das bereits erwähnte Landmanagement-Projekt in Äthiopien etwa sei gestoppt worden, weil nach dem Ende der Pilotphase Wasserpumpen, Brunnen, Baumschulen und Anlagen zur Tröpfchenbewässerung kaputt waren und sich niemand verantwortlich dafür fühlte. In der zweiten Projektphase sei es dann wieder mit „capacity building“ losgegangen.

EU: Der Erfolg lasse sich in der Praxis schwer messen

Dass in der zweiten Phase der GCCA die ärmsten Länder weniger zum Zuge gekommen sind als in der ersten, hat laut dem Gutachten mit dem Auswahlverfahren zu tun: In der ersten Phase habe die Kommission Kriterien definiert, welche Länder berücksichtigt werden sollten. In der zweiten hingegen habe sie auf entsprechende Anfragen der Länder selbst und der EU-Delegationen dort gewartet mit der Folge, dass sehr arme und verletzliche Länder weniger Projekte abbekommen haben.

Die EU-Kommission akzeptiert in ihrer Antwort an den Rechnungshof die meisten Kritikpunkte. Sie bemerkt aber, es sei angesichts der Vielzahl von Projekten und der Vielschichtigkeit des Problems in der Praxis schwierig zu messen, welchen Beitrag einzelne Vorhaben zur Widerstandsfähigkeit eines Landes leisten. 

Die Kommission verteidigt zudem, dass die GCCA sich vor allem um „capacity building“ gekümmert habe: Der Aufbau von Fähigkeiten zur Selbsthilfe sei neben finanzieller Hilfe und Technologietransfer einer der drei Bausteine, die das Pariser Klimaabkommen als Hilfe für ärmere Länder empfehle. „Capacity building“ sei unter anderem deshalb immer wieder nötig gewesen, weil das Personal der Projektpartner häufig gewechselt habe – ein Vorgang, auf den ein Projekt selbst keinen Einfluss habe. Zudem hätten die Partnerländer Einspruch erheben können, hätten sie andere Schwerpunkte gewünscht. Das sei aber nicht geschehen.

Ähnliche Gründe nennt die Kommission dafür, dass in der zweiten Projektphase weniger sehr arme Länder GCCA-Partner gewesen sind: Für die habe der Klimawandel häufig keine Priorität und sei daher auch kein Schwerpunkt in den mehrjährigen Programmvereinbarungen mit der EU. Die sind die Grundlage für die Entwicklungszusammenarbeit der EU mit ihren Partnerländern. Letztlich erklärt die Kommission den Gutachtern des Rechnungshofes, dass sich Entwicklungsvorhaben in der Praxis nicht immer so planen und steuern lassen wie am Schreibtisch erdacht – nicht zuletzt, weil Entscheidungen der Partner das verhindern.

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