Engagement ohne klare Ziele

Kommunale Entwicklungszusammenarbeit
Deutsche Kommunen engagieren sich stark in der Entwicklungszusammenarbeit, zum Beispiel in Partnerschaften mit dem globalen Süden. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) koordiniert dieses Engagement. Das DEval hat nun deren Arbeit bewertet und kommt zu einem durchwachsenen Ergebnis.

Die Entwicklungszusammenarbeit von Städten und Gemeinden hat in den letzten zehn Jahren einen rasanten Aufschwung erfahren. Dies spiegelt sich auch in der international gestiegenen Bedeutung der Städte wider: Sie unterhalten Partnerschaften mit Kommunen im globalen Süden, geben Know-how in Projekten weiter oder unterstützen sie, die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen. Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert das Engagement der Kommunen über die 2001 gegründete Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) bei Engagement Global. Die Servicestelle bietet Beratung und Förderung in den Themenfeldern Migration und Entwicklung, Klima- und Entwicklungspartnerschaften, fairer Handel und faire Beschaffung. Oder sie unterstützt Kommunen dabei, die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bis 2030 (SDGs) zu erreichen.

DEval, das Institut, das im Auftrag des BMZ die deutsche Entwicklungszusammenarbeit evaluiert, hat Anfang März eine umfassende Untersuchung über die Arbeit der Servicestelle in den Jahren 2013 bis 2020 vorgelegt. 2013 hat das BMZ einen eigenen Haushaltstitel „Förderung des kommunalen Engagements“ eingeführt, der bis 2020 kontinuierlich auf 30,9 Millionen Euro gestiegen ist; im Jahr 2021 lag das Budget bei 38,5 Millionen Euro, 2022 ist es erstmals wieder gesunken – auf 31 Millionen Euro. Die Gelder sind fast vollständig an die SKEW geflossen, die „als zentrale ‚Service- und Beratungseinrichtung‘ dienen und Kommunen bei einem entwicklungspolitischen Engagement unterstützen soll“, wie es in der Evaluierung heißt. Tausend Kommunen, vor allem große und mittelgroße Städte, haben im untersuchten Zeitraum Angebote der Servicestelle genutzt.

Administrativer Aufwand für kleine Kommunen zu hoch

Das Gutachterteam hat die Arbeit der SKEW nach den gängigen Evaluierungskriterien des Entwicklungshilfe-Komitees der OECD (Development Assistance Committee) geprüft: Relevanz, Kohärenz, Effizienz, Effektivität, Nachhaltigkeit und Impact. Es empfiehlt dem BMZ, die Förderung mindestens auf dem Niveau des Haushaltstitels von 2020 fortzusetzen. In einigen Punkten sehen die Gutachter aber Mängel und empfehlen, die Angebote der Servicestelle zu verbessern. Ein Kritikpunkt ist etwa, die SKEW-Programme seien nicht nutzungsfreundlich. Der administrative Aufwand, um Fördergelder zu beantragen, sei vor allem für kleinere Kommunen zu hoch. Wenn es der SKEW gelingen soll, bis zum Jahr 2030 die Zahl von 2030 in der EZ engagierten Kommunen zu erreichen, dann müsse dringend der bürokratische Aufwand gesenkt werden.

Außerdem sehen die Gutachter kritisch, dass im untersuchten Zeitraum die Anzahl von neuen Programmen der Servicestelle ständig gewachsen ist. Statt auf immer mehr neue Angebote sollte die SKEW den „Schwerpunkt stärker auf Konsolidierung und Verschlankung legen, um die Übersichtlichkeit des Gesamtprogramms zu gewährleisten und Prozesse und Verfahren zu vereinfachen und zu standardisieren“.

In den kommenden Jahren wird es darum gehen müssen, das vorhandene Engagement in einer krisengeprägten Zeit zu verstetigen. Zwischen Flüchtlingskrisen und gestiegenen Aufgaben im sozialen Bereich bei knappen Mitteln stehen die Städte und Gemeinden vor großen Problemen. Entwicklungspolitisches Engagement bleibt eine freiwillige Zusatzaufgabe und daher auch abhängig von der Förderung durch die SKEW.

Gutachter kritisieren unklare Zielsetzung

Wie sich das Engagement besser dauerhaft verankern lässt, bleibt auch im Gutachten eine offene Frage. Sie werde die Kommunen in Zukunft stärker beschäftigen, sagte David Linse von der Stadt Mannheim bei der Online-Vorstellung der Evaluierung. „Die öffentlichen Ressourcen sind nicht mehr so vorhanden“, sagte Linse, der auch Vorsitzender des SKEW-Programmbeirats ist. Auch in Mannheim seien „bestimmte Aufgaben in Zukunft nicht mehr machbar“. In den Jahren 2022 und 2023 sind die Mittel für kommunales Engagement bereits gekürzt worden – wie für andere Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit auch, etwa für entwicklungspolitische Bildungsarbeit. Härtere Konflikte um den zu verteilenden Kuchen sind für die kommenden Jahre zu erwarten.

In der Evaluierung heißt es, dass die SKEW bisher nicht formuliert, welche entwicklungspolitischen Ziele sie mit den einzelnen Programmen verfolgt. Das ist erstaunlich, denn am Ende des Tages sind die entwicklungspolitischen Ziele der Kern des gesamten Engagements. Doch bei der SKEW fehlen klar umrissene und definierte, nach einzelnen Programmen differenzierte Ziele, so die Gutachter. Das steht im Widerspruch dazu, dass entwicklungspolitische Maßnahmen, insbesondere im Rahmen einer BMZ-Förderung, auch „Beiträge zu übergeordneten entwicklungspolitischen Wirkungen“ leisten sollten, mahnen die Gutachter, also etwa zur Armutsbekämpfung, der Verbesserung von Gesundheitssystemen oder dem Kampf gegen Hunger. Immerhin endet die Evaluierung (nach Interviews mit sieben Partnerkommunen im globalen Süden) mit dem wohlwollenden Fazit, man sehe durchaus Potenzial für solche entwicklungspolitischen Wirkungen.

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