Keine Amnestie für Kriegsverbrecher

Liberia
Das Parlament in Liberia hat dafür votiert, ein Sondergericht für Kriegsverbrechen einzurichten. Das war überfällig, auch wenn die juristische Aufarbeitung der Bürgerkriege Risiken enthält, meint Melanie Kräuter.

Melanie Kräuter ist Redakteurin bei "welt-sichten".

Mehr als 20 Jahre nach dem Ende des zweiten Bürgerkriegs in Liberia haben die Abgeordneten im Repräsentantenhaus eine historische Entscheidung getroffen: Am 5. März stimmte die Mehrheit dafür, ein Gericht für Kriegsverbrechen einzurichten. 

Falls der Senat und der neue Staatspräsident Joseph Boakai die Entscheidung billigen, würde Liberia erstmals seine Kriegsverbrecher selbst verurteilen und den Bürgerkrieg juristisch aufarbeiten. In den beiden Konflikten zwischen Weihnachten 1989 und August 2003 starben etwa 250.000 Menschen, Millionen wurden vertrieben, Frauen vergewaltigt und Kinder als Soldaten eingesetzt. Die Wahrheits- und Versöhnungskommission begann im Februar 2006 mit ihrer Arbeit und forderte in ihrem Abschlussbericht 2009 die Einrichtung eines Sondergerichts. Das UN-Gericht in Sierra Leone, das seit 2004 Kriegsverbrecher verurteilt, hätte dafür als Vorbild dienen können. 

Doch in Liberia passierte lange nichts. Viele ehemalige Rebellenführer bekleiden seit Kriegsende hohe politische Ämter. Einer von ihnen ist der frühere Warlord Prince Johnson, der seit 2006 Senator ist. Politiker wie er hatten und haben natürlich kein Interesse daran, für ihre Gräueltaten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Doch mit dem neuen Präsidenten und dem jüngsten Besuch der US-Botschafterin für globale Strafjustiz, Beth Van Schaack, sowie deren Zusage, ein solches Gericht zu unterstützen, kommt nun Bewegung in die Angelegenheit. 

Opfer sehnen sich nach Gerechtigkeit

Dies war längst überfällig, denn viele Opfer des Bürgerkrieges sehnen sich nach Gerechtigkeit. Die Kritiker eines solchen Gerichts befürchten jedoch, dass die Verfahren alte Wunden aufreißen und den brüchigen Frieden gefährden könnten, der immerhin seit 20 Jahren besteht. 

Dieses Risiko besteht tatsächlich, dennoch dürfen Kriegsverbrecher nicht ungestraft davonkommen. Ein Sondergericht müsste sich natürlich an internationale Standards halten und idealerweise von unabhängiger Seite wie den UN begleitet werden. 

Zwar werden dank des Prinzips der „universellen Gerichtsbarkeit“ zunehmend auch Kriegsverbrecher im Ausland verurteilt, so geschehen etwa 2021 in der Schweiz, wo der liberianische Rebellenführer Alieu Kosiah zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Aber zum einen ist es auf diesem Weg nicht möglich, alle Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen und zum anderen ist es besser, wenn ein Land selbst Verantwortung für seine dunkle Vergangenheit übernimmt.     

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erschienen in Ausgabe 2 / 2024: Von Fahrrad bis Containerschiff
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