Keine Waffen für Israel!

Zum Thema
Gaza-Krieg
Wenn Israels Sicherheit Deutschlands Staatsräson ist, sollte die Regierung in Jerusalem keine deutschen Waffen mehr bekommen, findet Tillmann Elliesen.

Tillmann Elliesen ist Redakteur bei "welt-sichten".

Ahmed Abed ist ein Rechtsanwalt in Berlin-Neukölln, der die israelfeindliche BDS-Bewegung gut findet und der es in einem Interview schafft, gut acht Minuten lang über Israels Krieg in Gaza und die seiner Ansicht nach ungerechte Behandlung von demonstrierenden Palästinensern in Neukölln zu sprechen, ohne mit einem Wort den Auslöser der Gewalteskalation in Nahost zu erwähnen: das Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023. Daniel Ortega ist seit 2006 Präsident von Nicaragua, der die Opposition und die kritische Zivilgesellschaft in dem mittelamerikanischen Land verfolgt und mundtot macht und sogar Priester ins Gefängnis steckt, wenn sie ihm widersprechen. 

Abed und Ortega sind mir nicht sonderlich sympathisch, auch wenn ich weder den einen noch den anderen persönlich kenne. Doch sie haben ein Anliegen, dem ich zustimme: Deutschland sollte keine Waffen mehr an Israel liefern.

Abed hat vergangene Woche mit einigen Anwaltskollegen beim Berliner Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen weitere Waffenexporte nach Israel gestellt. Sie berufen sich unter anderem auf das Kriegswaffenkontrollgesetz und internationale Abkommen wie den internationalen Vertrag über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty, ATT). Dass es Abed, der Familie in Gaza hat, ernsthaft darum geht, das Töten von palästinensischen Männern, Frauen und Kindern zu stoppen, steht außer Zweifel. 

Bei Ortega bin ich mir da nicht so sicher: Der von Jahr zu Jahr autokratischer regierende Präsident hat diese Woche vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel geklagt. Ortega dürfte es dabei weniger um die Menschenrechte der Palästinenser gehen als um eine gute Gelegenheit, sich zum Sprecher des „globalen Südens“ aufzublasen und einem Staat des verhassten Westens eine Ohrfeige zu verpassen.

Aber wie gesagt, das Anliegen der beiden ist richtig.

Deutschland hat im vergangenen Jahr Rüstungsexporte im Wert von gut 326 Millionen Euro an Israel genehmigt, fast zehnmal so viel wie 2022. Darunter waren Kriegswaffen wie Panzerabwehrwaffen und Munition für Maschinengewehre im Wert von 20 Millionen Euro. Ein Großteil der Ausfuhren sei nach dem 7. Oktober 2023 bewilligt worden, heißt es in Medienberichten. Demnach habe das zuständige Wirtschaftsministerium nach dem Angriff der Hamas „Anträge auf Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel prioritär bearbeitet und beschieden“

Unmittelbar nach dem Massaker der Islamisten mag das nachvollziehbar gewesen sein: Israel hat das Recht, sich gegen Angriffe wie den der Hamas zu verteidigen, und wenn ein Land auf der Welt sich verpflichtet fühlen sollte, es dabei zu unterstützen, dann ist es Deutschland.

Aber der Krieg in Gaza hat inzwischen mit Verteidigung nichts mehr zu tun. Israels Armee hat Zehntausende Zivilisten getötet, es blockiert Hilfslieferungen für die hungernde Bevölkerung und beschießt Nothelfer und Ärzte. Ja, die Führung der Hamas könnte sich ergeben und so den Krieg beenden. Aber das wird nicht geschehen. Denn die Extremisten profitieren vom Sterben.

Und das gilt nicht nur für die Hamas. Es gilt auch für die israelische Regierung. Solange der Krieg andauert, müssen Benjamin Netanjahu und seine rechtsextremen Minister nicht fürchten, für ihr sicherheitspolitisches Versagen, das den Angriff der Hamas überhaupt erst ermöglicht hat, zur Rechenschaft gezogen zu werden. 

Dieser Krieg macht Israel nicht sicherer – im Gegenteil: Je länger er dauert, desto mehr isoliert sich das Land auf der Weltbühne und desto gefährlicher wird die Lage für die israelische Bevölkerung. Israels Sicherheit ist Deutschlands Staatsräson? Wenn das gilt, dann sollte die Bundesregierung den Krieg in Gaza nicht weiter mit deutschen Waffen befeuern.

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