Grünes Wachstum statt Sozialleistungen

Europäischer Entwicklungsbericht: Zuwanderung stärken
Europäischer Entwicklungsbericht: Zuwanderung stärken

(10.04.2013) Der Europäische Entwicklungsbericht 2013 fordert einen neuen Plan zur globalen Entwicklung, der anders als die Millenniumsziele der Vereinten Nationen stärker auf Wirtschaftswachstum setzt. Neben der offiziellen Entwicklungshilfe (ODA) müssten andere Finanzquellen wie eine globale Klimasteuer, private Investitionen und Süd-Süd-Kooperationen ausgebaut werden – genauso wie inländische Investitionen und funktionierende Steuersysteme.

„Wir brauchen für die Zeit nach 2015 eine Agenda, die über den derzeitigen Fokus auf die Millenniumsziele und die Offizielle Entwicklungshilfe (ODA) weit hinausgeht“, sagte James Mackie vom European Centre for Development Policy Management (ECDPM) bei der Vorstellung des Berichts in Brüssel. Das ECDPM hat den Bericht gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) und dem britischen Overseas Development Institute (ODI) erstellt.

Der von der Europäischen Kommission unterstützte Bericht untersucht unter anderem die Erfahrungen von vier Ländern – der Elfenbeinküste, Nepal, Peru und Ruanda – mit den Millenniumsentwicklungszielen (MDGs). Mit Ausnahme von Peru gälten sie als Orientierung bei Armutsbekämpfung und Sozialpolitik. Allerdings wird in allen vier Ländern der Fokus auf soziale Fragen bemängelt. Wirtschaftswachstum und Investitionen in die Infrastruktur würden von der Entwicklungshilfe vernachlässigt.

Arbeitsmigration als Entwicklungsmotor  

Die bisherigen acht Millenniumsziele müssten deshalb erweitert und konkretisiert werden, fordert James Mackie. Es brauche eine umfassende Agenda, die auch die Schaffung von Arbeitsplätzen, den Aufbau exportorientierter Wirtschaftszweige sowie den Umgang mit natürlichen Ressourcen und den Klimawandel einbeziehen. Um die Ursachen der Armut zu bekämpfen, sollte künftig statt Sozialleistungen ein nachhaltiges und inklusives Wirtschaftswachstum im Mittelpunkt der europäischen Entwicklungspolitik stehen, heißt es in dem Bericht. Ziel müsse ein „grünes Wachstum“ sein.   

Zudem müsse man darüber sprechen, wie Entwicklungsziele erreicht werden könnten und welche Mittel effektiv seien. Die ODA sei für Länder wie Ruanda zwar wichtig, schaffe aber Abhängigkeiten. Andere Finanzquellen wie eine globale Klimasteuer, private Investitionen und Süd-Süd-Kooperationen müssten ausgebaut werden – genauso wie inländische Investitionen und funktionierende Steuersysteme.

Als wichtigen Entwicklungsfaktor hebt der Bericht die Arbeitsmigration hervor. Die biete für Millionen Menschen einen Weg aus der Armut und helfe zudem ganzen Volkswirtschaften. So übertrafen 2009 allein die offiziellen Heimatüberweisungen in Entwicklungsländer mit 325 Milliarden US-Dollar die ODA um das Dreifache. In Nepal hätten die Geldsendungen von Auswanderer Schätzungen zufolge einen Beitrag von 20 Prozent am Rückgang der Armut geleistet. Auch für Fortschritte bei Ausbildung, Gesundheit und Gleichberechtigung könne die Arbeitsmigration Impulse liefern. Die Rechte der Arbeitsmigranten sowie den Ausbau regionaler Arbeitsmärkte sollten in die Post-2015-Agenda einfließen.

Europa soll die eigenen Probleme in den Griff bekommen

Insgesamt sollten sich die Geberländer weniger in die Politikgestaltung in den Empfängerländern einmischen und sich stattdessen zu einer entwicklungsfreundlichen Politik verpflichten. Im Fall der EU hieße das etwa Handelsbarrieren abzubauen oder mehr ungelernten Arbeitskräften Zugang zu verschaffen. Der Bericht bemängelt, dass es in der EU bislang keine einheitliche Regelung für den Umgang mit ungelernten Migranten gebe. „Das ist ein wichtiges, aber natürlich auch kontroverses Thema“, sagte Stephan Klingebiel vom DIE.     

Wo Zuwanderer in der derzeitigen Krise Jobs finden sollten, bleibt aber offen. So kritisiert Debapriya Bhattacharya vom Center for Policy Dialogue, dass sich der Bericht über die Wirtschaftskrise im Euroraum ausschweigt. „Europa könne am besten helfen, wenn es die eigenen Probleme in den Griff bekommt“, sagte Bhattacharya. Duncan Green von Oxfam kritisiert, dass der Bericht die Auswirkungen der Euro-Krise auf die Entwicklungshilfe und den internationalen Handel nicht thematisiert.  

Garry Conille, der ehemalige Premierminister Haitis, warnte bei der Vorstellung des Berichts davor, die Post-2015-Agenda zu überladen. Ziele wie Arbeitsbeschaffung oder Wirtschaftswachstum benötigten keinen globalen Konsens: „Das wollen doch sowieso alle“, sagte Conille. Bei sozialen Fragen wie Müttersterblichkeit habe sich in der Vergangenheit dagegen gezeigt, dass die Millenniumsziele Druck auf nationale Regierungen ausüben könnten. (sdr)

Neuen Kommentar hinzufügen

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
CAPTCHA
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das LKW aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!