Berlin/Genf - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, fordern mehr Gerechtigkeit bei der globalen Covid-19-Impfstoffverteilung. Ob und wie überzeugend die weltweite Zusammenarbeit in dieser Frage gelinge, "ist auch ein Lackmustest der internationalen Solidarität", sagte Steinmeier am Montag in Berlin. Auch wenn Regierungen zuerst der eigenen Bevölkerung verpflichtet seien, dürfe die internationale Dimension der Corona-Pandemie nicht aus dem Blick gelassen werden.
Steinmeier fügte mit Blick auf die momentane Impfstoffknappheit hinzu: "Je rascher auch wir in Deutschland und Europa bereit sind, ein wenig von dem abzugeben, was uns gesichert ist, desto eher können wir das Infektionsgeschehen global eindämmen, desto eher schützen wir uns alle gegen das Risiko neuer und immer gefährlicherer Mutationen."
WHO-Chef kritisiert Industrieländer
Steinmeier hatte zuvor per Videoschalte mit Fachleuten der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Gesundheit in Genf gesprochen. WHO-Generaldirektor Tedros würdigte die jüngsten Finanzzusagen für die internationale Covax-Impfkampagne als "umfangreich", wies aber darauf hin, dass Geld wirkungslos sei, wenn dafür kein Impfstoff gekauft werden könne. Es habe Auswirkungen auf die Covax-Verträge, wenn Industrieländer die Impfhersteller direkt kontaktierten, um sich mehr Impfstoff zu sichern. Denn bereits zugesagte Impfdosen seien infolgedessen reduziert worden. Er appellierte an die reichen Länder, darüber nachzudenken, ob ihr eigenes Handeln nicht die Covax-Initiative unterwandere.
Am Freitag hatten die sieben führenden Industrienationen (G7) ihre Finanzzusagen zur Bekämpfung von Covid-19 um vier Milliarden Dollar auf 7,5 Milliarden Dollar (rund 6,2 Milliarden Euro) erhöht. Deutschland sicherte 1,5 Milliarden Euro zu. Über Covax sollen Corona-Impfstoffe für alle Länder verfügbar gemacht werden, vor allem für die 92 ärmsten.