Umgekehrter Blick

Mit ihrer Dokumentation vollziehen die beiden Filmemacher Christian Weinert und Ferdinand Carrière einen längst fälligen Perspektivwechsel. Sie zeigen, wie Mitarbeitende afrikanischer Organisationen junge Freiwillige aus Deutschland wahrnehmen.

Über die zumeist entwicklungspolitisch ausgerichteten Freiwilligendienste reisen jährlich mehr als 3000 junge Deutsche nach Afrika. Sie wollen tatkräftig helfen – doch bislang ist weitgehend unklar, ob sie dieses Ziel in den Augen ihrer Gastgeberinnen und Gastgeber auch erreichen und wie sie generell im Ausland wahrgenommen werden. Weinert und Carrière lassen die afrikanischen Leiter und Mitarbeitenden von Aufnahmeorganisationen für Freiwillige in Südafrika, Ghana und Gambia zu Wort kommen. Sie überlassen es den Zuschauern, die Aussagen einzuordnen. Viele der Gesprächspartner äußern sich ambivalent, die meisten jedoch positiv. Sie hoffen, dass sich die jungen Menschen aus Europa, die das Leben in einem armen Land kennengelernt haben, später mehr für die Entwicklungen im Globalen Süden verantwortlich fühlen werden.

Die Dokumentation weist aber auch einen blinden Fleck auf. Was fehlt, ist die Meinung der Partnerorganisationen zum Freiwilligenaustausch vom Süden in den Norden. Dieser existiert zwar offiziell, findet jedoch viel zu selten statt. Der Film eignet sich ideal zur Vor- und Nachbereitung für junge Freiwillige, Entsendeorganisationen sowie für die Aufnahmeorganisationen im Ausland. Er ist mehr als ein bloßer Informationsbeitrag – trotz seiner Zurückhaltung regt er die Debatte über Globales Lernen an. Denn er macht deutlich, wie Akteure aus dem globalen Süden die Menschen im Norden und ihr Handeln wahrnehmen. Die Aussagen der Protagonisten könnten daher auch so gedeutet werden, dass sie nicht nur die Freiwilligen, sondern uns alle indirekt dazu auffordern, einander mehr zuzuhören und achtsam miteinander umzugehen.

Die sehenswerte Dokumentation ist ab Mai 2015 bundesweit in ausgewählten Kinos zu sehen. Die DVD wird voraussichtlich Anfang Juni 2015 erscheinen.

Julia Boger

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