BMZ-Spitze verspricht „liberalere“ Umgangsformen

„Es darf wieder gelacht werden“, hieß es bald nach Abtritt der strengen sozialdemokratischen Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und der Inthronisierung ihres Nachfolgers Dirk Niebel (FDP). Nun will die Führung „Mehr Freiheit zur Verantwortung“ im Haus etablieren, so der Titel eines Diskussionspapiers. Ist das nur eine Charmeoffensive nach turbulenten Anfangsmonaten oder ein ernst zu nehmendes Angebot?

Das interne Papier, das „welt-sichten“ vorliegt, geizt nicht mit Seitenhieben auf die alte Administration. „Angstmanagement ist zu verwerfen“, heißt es da zum Beispiel; Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung müssten gestärkt werden; Kreativität brauche „einen positiven Umgang mit Fehlern“. Die Motivation des Personals in den Abteilungen und auf der Führungsebene müsse „durch mehr Vertrauen in ihre Verantwortungsbereitschaft und ihre Leistungsfähigkeit“ beflügelt werden. Auch gegenüber den Medien solle mehr Offenheit praktiziert werden – „aus allen Arbeitsbereichen heraus“. Dies freilich im Sinn „lebendiger Beispiele unseres guten Tuns“ – nicht etwa als öffentliches Herumnörgeln von Mitarbeitern.

Wie ernst es der neuen Leitung damit ist, „liberalere“ Umgangsformen im BMZ einzuüben, bleibt abzuwarten; ein neues „Führungsleitbild“ soll erst noch erarbeitet werden, ausdrücklich nicht nur auf der Führungsetage, sondern „partizipativ“. Nach ihrem Amtsantritt hatte die neue Leitung das Ministerium zunächst personell und organisatorisch recht rigide von oben nach unten neu ausgerichtet. Partizipativ begleitet wurde der Umbau allenfalls von vernehmlichem Grummeln in den Referaten und besonders beim Personalrat, dem die fast durchgängige Neubesetzung der ersten und zweiten Leitungsebene mit FDP-Leuten übel aufstieß.

Auch inhaltlich ist der Rahmen längst abgesteckt, in dem sich mehr Partizipation beziehungsweise eine „intensivere interne Kommunikation“ abspielen könnten. Anfang Juli wurden auf einer Leitungsklausur die „Zielvorgaben“ und „Eckpunkte“ noch einmal festgeklopft. Alles bewegt sich entlang der sechs Gebote, die die BMZ-Führung zum Richtmaß der künftigen Arbeit des Hauses erklärt hat: bessere Sichtbarkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, höhere Wirksamkeit bei größtmöglicher Sparsamkeit im Mitteleinsatz, stärkere Beteiligung der Wirtschaft sowie der Zivilgesellschaft, vorrangige Bekämpfung der „Bildungsarmut“ und Belohnung guter Regierungsführung in den Partnerländern. Jede Vorlage ist seither mittels eines „Strategiebarometers“ von den verantwortlichen Referaten daraufhin zu durchleuchten, ob sie mit den sechs Geboten verträglich ist – vorbehaltlich der Andersbewertung durch höhere Stellen.

erschienen in Ausgabe 9 / 2010: Korruption: Geld, Amt und Macht
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