Deutschland fördert fettiges Fast-Food in Afrika. Schlimm, oder? Nicht wirklich. Kartoffelchips sind lecker und machen glücklich.
Kennen Sie den? Sitzen ein nigerianischer Kleinbauer und seine Frau nach getanem Tagwerk in ihrer Hütte gemütlich auf dem Sofa und mampfen Kartoffelchips. Die Pointe: Die Chips sind nicht etwa aus Europa oder Südafrika importiert, sondern aus eigener Produktion. Nicht lustig? Dann haben Sie denselben Humor wie der Sprecher für Welternährung der Linken-Fraktion im Bundestag, Niema Movassat. Der findet es nämlich gar nicht komisch, dass das Entwicklungsministerium (BMZ) gemeinsam mit einigen deutschen Agrarfirmen genau das versuchen will: in Nigeria die Verarbeitung von Kartoffeln zu Fertigfutter voranzubringen. Hungerbekämpfung mit Chips und Pommes? Absurd sei das, sagt Movassat in einem Exklusivinterview mit dem russischen Staatsfernsehen, das auf seiner Website gesehen werden kann.
Da hat der Mann allerdings etwas falsch verstanden. Denn selbst im BMZ weiß man: Kartoffelchips taugen nichts gegen den Hunger. Sie machen nicht satt, sondern nur fett und durstig. Aber sie schmecken lecker. Und das finden auch immer mehr Nigerianer, wie Studien belegen. Ja, die Nigerianer lieben Kartoffelchips. Sie posten im Internet sogar Rezepte, wie man sie zu Hause selbst herstellen kann. Und wie man eventuell ein wenig Geld damit verdienen kann
Denn darum geht es doch in dem BMZ-Projekt, Herr Movassat: dass die Nigerianer ihre eigenen Chips und Pommes essen können und dass der eine oder andere von ihnen vielleicht einen Job in der Kartoffelverarbeitungsfabrik bekommt. Das rettet nicht die Welt, ja, es löst nicht einmal das globale Hungerproblem. Aber es macht möglicherweise doch ein paar Leute glücklich. Zum Beispiel den Kartoffelbauern, der zum Feierabend mit seiner Frau auf dem Sofa Chips futtert, die aus Knollen gemacht sind, die in seiner Erde gewachsen sind.
Makaber
Boar ist dieser Artikel makaber. Mehr als ekelhaft. Was sitzen bei Ihnen eigentlich für Leute, die die Artikel schreiben? Kann ich nicht nachvollziehen. Die Menschen vor Ort hungern und Sie machen sich darüber lustig und schreiben noch, dass Chips gut schmecken? Was soll das?
Unser Spott gilt der Engstirnigkeit
Hallo Hannah, vielen Dank für Ihren Kommentar zu unserer satirischen Glosse. Ich will mal ganz ernst darauf antworten: Wir machen uns keineswegs lustig über Menschen, die Hunger leiden. Unser Spott zielt auf den Linken-Politiker Niema Movassat. Denn der kanzelt vorschnell ein Entwicklungsprojekt ab, das bei näherer Betrachtung vielleicht doch ganz sinnvoll ist. Und nebenbei befördert er damit noch das übliche Klischee, dass es in Afrika nur Hunger und Elend gibt, um das wir uns kümmern müssten. Es gibt dort aber gottlob immer mehr Leute, die keinen Hunger leiden - und die es sich leisten können, so wie wir gerne mal eine Tüte Chips zu knabbern. Und vor allem: Afrika braucht Arbeitsplätze, und Afrika muss mehr Geld mit seinen landwirtschaftlichen Produkten verdienen. Warum also nicht durch die Weiterverarbeitung von Kartoffeln? Das reflexartig als absurd abzutun, wie Niema Movassat das tut, ist engstirnig. Und auf diese Engstirnigkeit zielt unsere Glosse.
Mit besten Grüßen,
Tillmann Elliesen, Redaktion "welt-sichten"
Aber ihre eigenen Träger-Orgs kritisieren es
Aber Herr Elliesen, dann erwarte ich doch, dass sie auch die Engstirnigkeit von Brot für die Welt anprangern, einer ihrer Trägerorganisationen. Denn die haben schon 2013 die German Food Partnership, unter deren Label ja dieses Projekt steht, sehr scharf kritisiert. Sie sollten also über Brot für die Welt spotten. Oder geht es hier eher um die Befriedigung von LINKEN Bashing? http://www.weltagrarbericht.de/aktuelles/nachrichten/news/de/28342.html
Verdrehung von Tatsachen
Ihre Glosse wäre vielleicht witzig, wenn sie nicht auf der bewussten Verdrehung von Tatsachen und auf Falschbehauptungen wider besseren Wissens beruhen würde! Eine solche persönliche Verunglimpfung eines in Sachen Welthunger sehr engagierten Oppositionspolitikers ist eigentlich unter Ihrem Niveau! Solche billigen Witze sind angesichts der weltweiten Hungertoten irgendwie nicht witzig. Hier ein Offener Brief von Niema Movassat: http://movassat.de/1949
warum denn so dünnhäutig?
Warum wird denn hier allerseits so aufgejault? Afrika und moderne Landwirtschaft, das geht offenbar gar nicht. Warum eigentlich nicht? Wenn wir schon von "sehr Engagierten in Sachen Welthunger" sprechen: Der Friedensnobelpreisträger Norman Borlaug war wahrscheinlich einer der erfolgreichsten Innovatoren gegen Unter- und Mangelernährung in der Menschheitsgeschichte. Sein Credo, bekannt geworden als "grüne Revolution": moderne Hochleistungssorten, die an die lokalen Bedingungen angepasst sind. Auch der afrikanische Bauer möchte wie jeder Unternehmer Entscheidungen treffen, die ihm und seiner Familie das beste Einkommen ermöglichen. Dazu gehören modernes Saatgut und intensive Produktionsmethoden. Und womöglich attraktive Absatzmärkte vor der Haustür. Aufgemerkt: Niemand zwingt ihn, diesen Weg zu gehen. Er kann auch die unternehmerische Entscheidung treffen, solche Methoden NICHT anzuwenden. Hohes Engagement heißt nicht automatisch, dass die Richtung stimmt. Und "modern" scheint in Zusammenhang mit Ländern, die noch nicht unser Wohlstandsniveau erreicht haben, ein echtes Reizwort zu sein. Im übrigen empfinde ich das RT-Interview mit Herrn Movassat als unsachlich und polemisch-bitter abgeschmeckt mit grandios-schauerlichen Zahlen von Hungernden und Sterbenden pro Sekunde, die der ganzen Sache den üblichen emotionalen Engagements-Kick geben, nachgewürzt mit Bildern von sehr dünnen und offenbar kranken Kindern. Das macht den Betrachter betroffen, bringt aber in der Sache nicht weiter.
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