Mit Macht für die Menschenrechte?

Emilie M. Hafner-Burton
Making Human Rights a Reality
Princeton University Press, Princeton und Oxford 2013, 276 Seiten,
ca. 19,85 Euro

Menschenrechtsschutz gehört zu den Kernaufgaben der Vereinten Nationen. Doch deren aufwendiges System bewirke wenig, schreibt die Politikwissenschaftlerin Emilie Hafner-Burton.

Der UN-Menschenrechtsrat und zahlreiche Komitees, die sich zum Beispiel mit Folter, Kinder- oder Frauenrechten befassen, lassen sich von den Mitgliedstaaten berichten, was sie für den Schutz der jeweiligen Rechte tun. Sonderberichterstatter werden entsandt, nichtstaatliche Organisationen (NGOs) angehört. Hafner-Burton hält den internationalen Menschenrechtsschutz für eine wichtige Errungenschaft, diagnostiziert aber eine Art Lähmung durch Überdehnung.

So würden immer mehr detaillierte Normen festgeschrieben wie Rechte auf Nahrung oder Wohnraum – verbunden mit zusätzlichen Überwachungsgremien, denen die Staaten Berichte vorlegen sollen. Das überfordere auch gutwillige Regierungen und verschlimmere den Mangel an Geld und Personal im System. Zugleich sollen sich möglichst viele Staaten an allen Menschenrechtspakten und Gremien beteiligen.

Dieser universale Ansatz führt laut Hafner-Burton dazu, dass die größten Übeltäter in den Kontrollgremien sitzen und sich gegenseitig vor Kritik schützen. Gerade Staaten, die am stärksten die Menschenrechte verletzen, stünden in den UN daher am seltensten am Pranger. Das alles untergrabe die Legitimität des Systems.

Besonders wichtige Rechte besser schützen 

Die Beachtung der Menschenrechte lasse sich selten international erzwingen, schreibt Hafner-Burton, Gesellschaften müssten vom Wert dieser Rechte überzeugt werden. Da helfe es nicht, wenn immer neue Normen verkündet, aber viele nicht eingehalten werden. Statt das System auszuweiten, solle man sich darauf konzentrieren, mit den verfügbaren Mitteln besonders wichtige Rechte besser zu schützen.

Doch auch ein reformiertes UN-System hätte nur begrenzte Wirkung. Hafner-Burton zeigt, dass internationale Normen vor allem Staaten beeinflussen, in denen Demokratisierungsprozesse begonnen haben. Die schlimmsten Rechtsverletzungen finden aber nicht dort statt, sondern in Kriegen, Diktaturen und sehr armen Ländern. Dort sei der UN-Menschenrechtsschutz am nötigsten – und helfe wenig.

Hafner-Burton hält deshalb „steward states“ für entscheidend. Darunter versteht sie Staaten wie europäische Länder und die USA, die ihre Macht außenpolitisch zur Förderung der Menschenrechte einsetzen. Sie fordert, dass sie dies künftig stärker, besser abgestimmt und auf der Basis von langfristigen Strategien tun. Dabei sollten sie mit örtlichen NGOs zusammenarbeiten, die die Menschenrechte in den lokalen Kontext übersetzen und die „stewards“ anleiten, diesen Kontext zu berücksichtigen.

NGOs und Staaten gemeinsam für die Menschenrechte?

In der Zusammenarbeit von NGOs und Staaten für die Menschenrechte liegt in der Tat eine Chance. Auf manche Gefahren dieser Allianzen weist Hafner-Burton selbst hin – etwa dass Menschenrechtsgruppen, statt die Geldgeber im Ausland anzuleiten, sich umgekehrt an deren Interessen ausrichten und Glaubwürdigkeit verlieren. Ihr ist auch klar, dass „steward states“ nur da für Menschenrechte eintreten, wo es ihrem nationalen Interesse entspricht; NGOs sollten das wissen und nutzen.

Nur können stattdessen große Staaten die NGOs benutzen und sie diskreditieren – umso mehr, als Staaten wie die USA im „Krieg gegen den Terror“ zum Beispiel das Verbot der Folter selbst aufgeweicht haben. Es überrascht, dass Hafner-Burton sie dennoch wie selbstverständlich für Anwälte der Menschenrechte hält. Gerade da, wo Großmächte starke eigene Interessen verfolgen, werden Menschenrechte oft sekundär.

Hafner-Burton führt Ergebnisse aus mehreren Fächern zusammen. Ihr Buch ist verständlich und lesbar, aber unnötig lang – ständig werden frühere Argumente zusammengefasst und der Fortgang skizziert. Statt eines Literaturverzeichnisses gibt es nur Endnoten, so dass man sich in den zahlreichen Nachweisen schwer zurechtfindet. Das wichtige Buch arbeitet jedoch schwierige Fragen heraus, denen sich Menschenrechts-Aktivisten stellen müssen – auch wenn die Empfehlungen der Autorin nicht restlos überzeugen.

Bernd Ludermann

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