Chancenreich oder unnötig?

Ein Pro und Kontra zum Thema Biosprit
Ein Pro und Kontra zum Thema Biosprit

(12.12.2013) Der Nutzen von Biosprit ist umstritten. Kritiker machen ihn für steigende Nahrungsmittelpreise und Landraub verantwortlich. Nicht staatliche Organisationen appellieren an die Bundesregierung, sich bei der EU für einen Ausstieg aus der Agrosprit-Förderung einzusetzen. Und eine aktuelle Studie zeigt: Ein Wegfall der EU-Förderung hätte positive Auswirkungen auf die globale Ernährungssicherheit.

Die EU ist allerdings uneins über den künftigen Kurs bei der Biosprit-Förderung. Bei einem Treffen am Donnerstag in Brüssel konnten sich die Energieminister nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Nach ursprünglichen Plänen soll der Agrosprit-Verbrauch auf dem jetzigen Niveau gedeckelt und jegliche Förderung im Jahr 2020 beendet werden. Länder wie Litauen oder auch Deutschland wollen hingegen den Anteil von Biokraftstoff von derzeit fünf auf sieben Prozent erhöhen und die Subventionen bis 2030 beibehalten. Dieser „scheinbar kleine Unterschied“ bedeute „gewaltige Auswirkungen“, sagt Annette Sawatzki vom Netzwerk Campact. „Von den für zusätzliche zwei Prozent Agrosprit erforderlichen Anbauflächen könnten rund 68 Millionen Menschen ernährt werden.“ 

Auch eine aktuelle Studie, vorgelegt von der Heinrich-Böll-Stiftung und der Entwicklungsorganisation Oxfam, kritisiert die EU-Förderung von Biosprit. Demnach würde deren Abschaffung im Jahr 2020 die Weltmarktpreise bei pflanzlichen Ölen um 16 Prozent senken, bei Ölsaaten würden die Preise um zehn und bei Weizen um etwa vier Prozent fallen. „Das Hauptargument für Biokraftstoffe, nämlich ihr Beitrag zu einer emissionsarmen und damit klimafreundlichen Mobilität, stimmt spätestens in dem Moment nicht, in dem indirekte Landnutzungsänderungen und Intensivierungseffekte einbezogen werden“, sagt Christine Chemnitz, Referentin für internationale Agrarpolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung. „Keines der in der Studie ausgewerteten Produktionsverfahren für Biodiesel würde dann die von der EU festgelegten Nachhaltigkeitsschwellenwerte für die Emissionsreduzierung erfüllen.“

Lesen Sie zu diesem Thema auch unser Pro und Kontra:

Biosprit sei nur das Feigenblatt für eine verfehlte Verkehrspolitik, sagt Anika Schroeder, Referentin für Klimawandel und Entwicklung beim Hilfswerk Misereor. Sie fordert in „welt-sichten“ eine „neue Vision von Mobiliät“, die sich endlich nicht länger „auf den individuellen Personenverkehr – das Auto“ konzentriert.

Sybille Röhrkasten, Doktorandin der Forschungsgruppe Globale Fragen der Stiftung Wissenschaft und Politik, sieht im Biosprit hingegen eine Chance, gerade für Entwicklungsländer: Würde die EU „Bauern in Entwicklungsländern Möglichkeiten zum Export von Biokraftstoffen bieten, könnte sie die Produktionsbedingungen in diesen Ländern in Richtung Nachhaltigkeit beeinflussen und strukturelle Reformen anstoßen“, sagt die Wissenschaftlerin.

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Den Beitrag von Frau Röhrkasten würde ich gern unterschreiben. In einigen meiner Leserbriefe habe ich auf die Chancen hingewiesen, die in sonnenreichen Ländern mit der Produktion von nachwachsender Energie bestehen. Neben der Exportmöglichkeit ist der Nutzen im Land unmittelbar, wenn weniger Mineralölprodukte importiert werden. Die ständig steigenden Preise für Treibstoff sind schon das Vorspiel zur Verknappung von Benzin und Diesel und werden innerhalb von 10 Jahren zur Verdoppelung der Spritpreise führen. Aus meiner Sicht sollte nicht die marginale Einsparung beim CO2 der Antrieb für den Umstieg auf die Erneuerbaren sein, sondern die vorhersehbare Verteuerung von Treibstoff. Sie wirkt sich in Entwicklungsländern verheerend aus, denn mit den Treibstoffen werden auch die Lebensmittel teurer. Das leuchtet jedem ein, der weiß wie Lebensmittel in Afrika, Asien oer Südamerika transportiert werden- mit Diesel saufenden LKWs. Verständlicherweise hat man vom Schreibtisch aus nicht immer die Möglichkeit zu sehen, was draussen läuft und möglich wäre. Möglich ist bei uns und anderswo noch mehr, auf einem Hektar (100mal100m) den Treibstoff für 20 000 PKW-Kilometer herzustellen. Dazu bekommt man über eine Tonne Presskuchen, der als potente Eiweissnahrung für Tiere verwendet wird. Bei diesem Weg werden mit Raps, Soja, Erdnüssen, Ölpalmen und Sonnenblumen keine Lebensmittel verdrängt, sondern gewonnen und 1200L Treibstoff noch dazu. Zu erwähnen wäre auch Biogas als Treibstoff, wo die Erträge viermal so hoch sein können, wobei mit Vorrang Erntereste und Gras verwendet werden können. Bioenergie ist eine unverzichtbare Option, wenn man die Preisentwicklung beim Rohöl betrachtet und die bekannten Fehlentwicklungen sind im Diskurs über den Flächenbedarf leicht zu verhindern. Die Gegner der nachwachsenden Treibstoffe sind in ihrer Unschuld die nützlichen Idioten der Mineralölinteressen. Sie bekommen die gewünschten steigenden Preise, mit dezentral gewonnenen Treibstoffen käme Konkurrenz in den Markt. Das wissen die Konzernlenker und deshalb bremsen sie wo sie können. Zu dem Betrag von Frau Schroeder fällt mir nichts ein. Hier möchte jemand über den Tellerrand blicken und übersieht dabei, alle Einschränkungen bei uns (Verzicht auf Autos) haben bei 1 Prozent der Weltbevölkerung global keine Bedeutung. Aber es steht hierzulande jedem frei, seine Wochenendeinkäufe mit dem Fahrrad oder im ÖPNV zu erledigen.

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