Juristisches Tauziehen um Brasiliens Ex-Präsidenten Lula da Silva

Das Gezerre um den wegen Korruption verurteilten Lula da Silva wirft kein gutes Licht auf die brasilianische Justiz.

Rio de Janeiro (epd). Nach dem vorläufigen Ende eines bizarren Justizstreits bleibt der brasilianische Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in Haft. Gerichtspräsident Carlos Eduardo Thompson Flores Lenz sprach am Sonntagabend (Ortszeit) ein Machtwort und verfügte, dass der 72-Jährige im Gefängnis bleibt. Am Vormittag hatte der diensthabende Richter des Berufungsgerichts in Porto Alegre einem Antrag auf Haftverschonung stattgegeben und Lulas sofortige Entlassung angeordnet.

Das Tauziehen um den wegen Korruption verurteilten Lula da Silva wirft kein gutes Licht auf die brasilianische Justiz. Mehrere Richter des gleichen Gerichts hatten am Sonntag abwechselnd für und gegen eine Haftverschonung des immer noch sehr populären Linkspolitikers plädiert. Aus dem Urlaub meldete sich der für die Korruptionsermittlungen in erster Instanz zuständige Richter Sergio Moro zu Wort und sprach einem Kollegen die Zuständigkeit ab. Eine Gruppe von Anwälten bezichtigte ihn deswegen eines Dienstvergehens und stellte Strafanzeige gegen Moro. Die Präsidentin des Obersten Gerichts, Cármen Lúcia Rocha, appellierte an die Kontrahenten, die Hierarchie der Rechtswege zu wahren.

Verteidigung spricht von "politischer Verfolgung"

Die Verteidigung von Lula kündigte weitere Rechtsschritte an. Sie nannte das Vorgehen der Justiz eine "politische Verfolgung".

Mehrere Politiker von Lulas Arbeiterpartei PT hatten an das Berufungsgericht einen Eilantrag auf vorübergehende Haftverschonung gestellt. Sie argumentieren, dass der 72-Jährige bis zur Verurteilung in letzter Instanz auf freiem Fuß bleiben müsse. Lula da Silva sitzt seit gut drei Monaten im Gefängnis, nachdem er in zweiter Instanz wegen Korruption zu mehr als zwölf Jahren Haft verurteilt worden war. In dem Prozess geht es um ein Strandappartement, das der Baukonzern OAS ihm als Gegenleitung für politische Gefälligkeiten überlassen haben soll.

Lulas Arbeiterpartei PT kritisiert das Korruptionsverfahren und die Inhaftierung als politisches Manöver, um eine Rückkehr von Lula an die Macht zu verhindern. Bei Umfragen zu den Präsidentschaftswahlen im Oktober liegt der ehemalige Gewerkschafter mit großen Abstand vor all seinen Konkurrenten. Eine Kandidatur, die nach einer zweitinstanzlichen Verurteilung nicht mehr möglich ist, müsste Lula aber vor Gericht erstreiten.

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