Linkspolitiker Boric tritt Präsidentschaft in Chile an

Berlin, Santiago de Chile - In Chile tritt der ehemalige Studentenführer und Linkspolitiker Gabriel Boric am Freitag das Präsidentenamt an. Der 36-Jährige übernimmt das Amt vom dem rechtskonservativen Politiker Sebástian Piñera, dessen Amtszeit von Massenprotesten gegen soziale Ungleichheit und eine sich verschärfende Wirtschaftskrise geprägt war. Die Erwartungen und Hoffnungen an den bisher jüngsten Präsidenten des Andenlandes sind enorm.

Der 36-jährige Boric verspricht Reformen im Bildungs- und Gesundheitswesen und will das neoliberale Wirtschaftsmodell beenden. Im Kongress hat sein Linksbündnis „Apruebo Dignidad“ jedoch keine eigene Mehrheit, sodass er auf Kompromisse mit der Opposition angewiesen ist.

Reichensteuer soll eingeführt und das staatliche Gesundheitssystem gestärkt werden

Von den 24 Kabinettsmitgliedern sind 14 weiblich. Erstmals in der Geschichte Chiles wird es eine Innen-, Verteidigungs- und Außenministerin geben. Mindestens sechs Ressorts werden von parteiunabhängigen Ministern geleitet. Dazu gehört auch die Sportministerin Alexandra Benado, die eine bekannte LGBT-Aktivistin ist. Der ehemalige Sozialist und Zentralbankchef Mario Marcel übernimmt das Finanzministerium und gilt damit als Signal für Stabilität in Richtung der Wirtschaft.

Zu den größten Reformvorhaben des neuen Präsidenten gehören der Umbau des privaten Rentensystems in ein staatlich kontrolliertes Fondssystem, die Einführung einer Reichensteuer und die Stärkung des staatlichen Gesundheitssystems. Für den Abbau von Bodenschätzen will er eine Abgabe einführen. Mit den Einnahmen soll seine soziale Agenda finanziert werden, die auch mehr Gleichheit im Bildungswesen vorsieht.

In die Präsidentschaft von Boric fällt auch die Ausarbeitung einer neuen Verfassung, für die in einem historischen Referendum drei Viertel der Wahlberechtigten stimmten. Die aktuelle Verfassung stammt noch aus Zeiten der Pinochet-Diktatur (1973 bis 1990). Zivilgesellschaftliche Organisationen sehen in ihr den Grund für die tiefe soziale Ungleichheit und verringerte Bildungschancen für einen Großteil der Bevölkerung.

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