Zwischen Umweltkatastrophen und Erdgas-Boom

Maputo - Fischer Joaquím Tinga deutet auf eine Wasserfläche, aus der frisch-grüne Mangrovenbüsche herausragen. „Vor vier Jahren gab es die noch nicht“, sagt der 52-Jährige, der in einem Küstendorf im Südosten Mosambiks lebt. Doch nun wüssten die Menschen, wie wichtig diese Pflanzen für ihren Schutz seien und beteiligten sich an Aufforstungskampagnen. Die Erinnerung an den verheerenden Zyklon „Dineo“ im Jahr 2017 ist noch frisch, als das Wasser das Dorf Chizevane in der Provinz Inhambane geflutet hatte und mehr als 20.000 Menschen ihre Heimat verloren.

„Die Mangroven hacken wir schon lange nicht mehr ab“, sagt auch die Bäuerin Orlanda Rombe. Möglichst viele Pflanzen wollen sie hier zwischen sich und dem Meer wissen. Mit Mitteln der lokalen Organisation „Ocean Revolution“ hat die 58-Jährige mit einer Frauenkooperative zudem ein Gewächshaus errichtet, um das Gemüse vor Sonne und Austrocknung zu schützen. Es habe schon lange nicht mehr geregnet und es sei auch heißer als in früheren Zeiten, sagt Rombe.

Nahrungssicherung und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels gehen in vielen Gemeinden in der Bucht von Inhambane Hand in Hand. Das ist beispielhaft für viele Regionen des südostafrikanischen Landes, das jedes Jahr mit verheerenden Wetterextremen wie Zyklonen, Fluten oder Dürren zu rechnen hat. Das in Klimafragen federführende Umweltministerium hat eine lange Liste von Programmen, welche die Verwundbarkeit Mosambiks mildern sollen.

Doch wer kommt in einem der wirtschaftlich ärmsten Länder der Welt, das kaum zum Klimawandel beigetragen hat, für die Kosten solcher Anpassungsprojekte auf? Das wird voraussichtlich eines der großen Themen auf der Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Scharm el Scheich sein, die Anfang November beginnt.

Die Regierung sehe die Konferenz als „hervorragende Gelegenheit an, die Klimafinanzierung voranzutreiben“, erklärte die mosambikanische Umweltministerin Ivete Maibaze jüngst in Maputo. Priorität habe dabei das Thema „Verluste und Schäden“. Es müsse ein finanzieller Mechanismus gefunden werden, um Zerstörungen infolge des Klimawandels für die betroffenen Staaten auszugleichen. Mosambik arbeite in dieser Frage mit den regionalen Partnern im südlichen Afrika zusammen sowie mit der Afrikanischen Union und der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder.

Längst ist die Klimapolitik Chefsache in Mosambik, das immer wieder durch Naturkatastrophen zurückgeworfen wird. Präsident Filipe Nyusi wird ebenso in Scharm el Scheich erwartet wie Finanzminister Max Tonela. Der frühere Chef des Energieressorts fordert eine „faire Energiewende“, die es Ländern wie Mosambik erlaube, ihre Ressourcen auszuschöpfen, damit dort alle Zugang zu Energie hätten. Nötig seien dafür Investitionen sowohl in fossile als auch erneuerbare Energien.

Mit geschätzt 4,25 Billiarden Kubikmetern Erdgas verfügt Mosambik über einen der größten Vorräte Afrikas. In diesen Wochen soll die erste Ladung von vor der Küste der Provinz Cabo Delgado gefördertem Flüssiggas (LNG) ablegen. Sollte die seit 2017 anhaltende Terrorkrise in der Region beigelegt werden und die Produktion von Flüssiggas dort auch an Land erfolgen, könnte Mosambik einer der größten LNG-Exporteure der Welt werden. Viele Experten sähen in Mosambiks Erdgasreichtum vor allem eine Chance, das benachbarte Südafrika schneller von seiner extrem klimaschädlichen Kohleabhängigkeit zu befreien, sagt Ray Leonard von der US-Holding Linden Energy dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Aktivistin Adelia Mondlane hingegen beharrt darauf, dass Erdgas eine fossile Energiequelle bleibe, die nicht als saubere Energie bezeichnet werden könne. Allerdings ist sie wie viele Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft in Mosambik der Meinung, dass das Land das Recht habe, seinen Gasreichtum im Sinne der eigenen Entwicklung auszubeuten. „Die Folgen müssen natürlich ausgeglichen werden, aber der Erlös kann dem Land in der Entwicklung helfen und zudem in erneuerbare Energie investiert werden“, sagt die 26-jährige Umweltingenieurin, die für die Umweltschutzorganisation Repensar in Maputo arbeitet.

Mit weiteren jungen Aktivistinnen und Aktivisten wird sie zur Klimakonferenz reisen, um dort mehr Mitsprache für ihre Generation einzufordern. „Uns betrifft es, es ist unsere Zukunft, die da auf dem Spiel steht, wir wollen mitreden“, sagt sie. Schließlich seien es die Kinder und jungen Menschen, die in den kommenden Jahrzehnten die Folgen des Klimawandels bewältigen müssen.

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