Hoffnung auf Frieden in Äthiopien

Seit zwei Jahren bekämpfen sich die äthiopische Zentralregierung und die TPLF-Rebellen. Hunderttausende Menschen mussten fliehen, Millionen von Frauen, Männern und Kinder sind auf Hilfe angewiesen. Nun sollen die Waffen vorerst schweigen.

Nairobi/Pretoria - Nach knapp zwei Jahren Bürgerkrieg in Äthiopien gibt es Hoffnung auf Frieden. Bei Gesprächen in Südafrika einigten sich Gesandte der äthiopischen Regierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) auf eine sofortige Waffenruhe, wie die Vermittler der Afrikanischen Union am Mittwochabend bekannt gaben. Für Tigray soll demnach wieder die äthiopische Verfassung gelten. International wurde die Einigung begrüßt. UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete das Abkommen als „kritischen ersten Schritt“. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mahnte alle Konfliktparteien an, unmittelbar Zugang für humanitäre Hilfe in Tigray zu ermöglichen.

Der Krieg in der nördlichen Krisenregion begann Anfang November 2020. Hintergrund war ein Streit um die Macht zwischen der Zentralregierung unter Premierminister und Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed und der lange in Tigray regierenden TPLF. Die Regierungstruppen werden aktiv aus dem Nachbarland Eritrea unterstützt. Auch paramilitärische Einheiten aus anderen äthiopischen Regionen. Der Krieg weitete sich mit der Zeit auf weitere Regionen des Vielvölkerstaates Äthiopien aus und führte zu einer humanitären Katastrophe.

Nun einigten sich die Zentralregierung und die TPLF nach tagelangen Verhandlungen, aus denen zunächst nichts nach außen drang, darauf, gemeinsam Voraussetzungen für einen anhaltenden Frieden zu schaffen. Dazu gehören die Wiederherstellung von grundlegenden Dienstleistungen wie Telefonnetz und Internet-Zugang, aber auch das Versprechen, Vorfälle aus dem Krieg zu verfolgen. Die Parteien sichern zudem zu, Zivilisten zu schützen, und verurteilen ausdrücklich jede Form von sexueller Gewalt, vor allem gegen Frauen und Mädchen.

Humanitäre Lage ist katastrophal

UN-Generalsekretär Guterres forderte alle Äthiopier und die internationale Gemeinschaft auf, das Abkommen zu unterstützen. Die Verhandlungen müssten „im Geiste der Versöhnung“ fortgesetzt werde, mahnte er an. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte auf Twitter, nun müsse den Menschen geholfen werden, die während der Kämpfe so stark gelitten hätten. Die EU begrüßte die Ankündigung eines Waffenstillstandes ebenfalls. Die erzielte Vereinbarung müsse rasch umgesetzt werden, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel.

Wegen des Krieges ist die humanitäre Lage in den betroffenen Regionen katastrophal. Die Zentralregierung in Addis Abeba behindert immer wieder die humanitären Hilfslieferungen und andere Transporte nach Tigray. Millionen von Menschen haben nicht genug zu essen, Hunderttausende Menschen sind laut UN-Schätzungen auf der Flucht. Laut Amnesty International wurde Vergewaltigung als Kriegswaffe eingesetzt. Eine Expertengruppe der Vereinten Nationen kam zu dem Schluss, dass auch Hunger eine Kriegsstrategie der Regierung war.

Auch wenn das jetzt vereinbarte Abkommen Hoffnung auf Frieden und eine Linderung des Leids macht, bleibt die Lage angespannt. Bereits im März hatten sich die Konfliktparteien auf eine humanitäre Waffenruhe geeinigt, die etwa fünf Monate hielt. Für den erneuten Beginn der Kämpfe im August gaben sich die TPLF und die Zentralregierung gegenseitig die Schuld. Das neue Abkommen über eine Waffenruhe wurde vor dem Hintergrund von Geländegewinnen der Truppen der Zentralregierung getroffen. So eroberte die Armee zuletzt unter anderem die strategisch wichtige Stadt Shire.

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