"Vergesst uns in Westpapua nicht!"

Sie werden geprügelt, gefoltert, auch ermordet. Indigene Papuas leiden unter schweren Menschenrechtsverletzungen. Indonesische Sicherheitskräfte rauben immer wieder ihr an Rohstoffen reiches Land. Eine Fürsprecherin haben die Menschen in der Kirche.

Speyer, Jayapura - Nervös blicken die drei Studenten um sich. Stockend erzählen sie, was ihnen selbst, ihren Familien und Nachbarn passiert ist. Indonesische Soldaten kamen nach einem Angriff von Unabhängigkeitskämpfern auf Militärangehörige in ihr Dorf. Es liegt in der Nähe der Grasberg-Mine, des weltweit größten Goldbergwerks im Hochland von Westpapua. Sie vertrieben die indigene Bevölkerung, um die Bodenschätze ihres Landes auszurauben. Wer sich widersetzte, wurde verprügelt und gefoltert, berichten die jungen Männer. Oder gar getötet wie der evangelische Pfarrer und Dorfvorsteher.

Gemeinsam mit vielen Dorfbewohnern flüchteten sie in den Dschungel, erzählen die Männer einer Besuchergruppe aus der pfälzischen Landeskirche um Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst. Zwei Wochen lang besuchten eine sechsköpfige Delegation und eine Vertreterin des Missionswerkes Mission 21 aus Basel die Partnerkirche in Westpapua auf der Pazifikinsel Neuguinea. Dabei ging es auch darum, wie man gemeinsam gegen die Menschenrechtsverletzungen in der indonesischen Provinz angehen kann.

Mit Unterstützung der Evangelischen Kirche im Lande Papua (GKT-TP) verließen die jungen Männer ihre Zuflucht im dichten Regenwald. In der Provinzhauptstadt Jayapura wollen sie nun ein neues Leben beginnen. Dort betreibt die rund 800.000 Mitglieder zählende Kirche ein Menschenrechtsbüro und unterstützt Anwälte, die die einheimische Bevölkerung bei Menschenrechtsverletzungen beraten. Die Pfälzer Kirche, die seit 30 Jahren eine Partnerschaft zur GKI-TP pflegt, fördert deren Arbeit.

Indigene werden von der Zentralregierung diskriminiert

Der schreckliche Vorfall aus der Region bei der Grasberg-Goldmine des Bergbau-Konzerns Freeport-McMoRan ist nur einer von vielen Fällen von Menschenrechtsverletzungen, unter denen die einheimische Bevölkerung in Westpapua leidet. Seit der Annexion der früheren niederländischen Kolonie vor 60 Jahren werden die Einheimischen in der unterentwickelten Region von der indonesischen Zentralregierung in Jakarta diskriminiert. Auch werden dort vor allem Muslime von anderen indonesischen Inseln angesiedelt: Von den rund sechs Millionen Einwohnern Westpapuas sind nur noch rund 2,5 Millionen Indigene.

Militär und Polizei bereichern sich, indem sie das Land der Einheimischen rauben und es in Zusammenarbeit mit internationalen Konzernen ohne Rücksicht auf Umweltzerstörungen ausplündern. Dabei gerät die mehrheitlich christliche indigene Bevölkerung auch immer wieder zwischen die Fronten von indonesischen Sicherheitskräften und militanten Unabhängigkeitskämpfern. Zudem sehen sich die Menschen rassistischen Anfeindungen ausgesetzt.

Gefährlich sei es für die indigene Bevölkerung, über die anhaltenden Verletzungen der Menschenrechte zu sprechen, klagen Menschenrechtsanwälte. „Es gibt eine unglaubliche Kriminalisierung“, sagt einer von ihnen. Vor allem die Jüngeren würden verdächtigt, die Autonomie Westpapuas vom indonesischen Zentralstaat auch gewaltsam zu unterstützen.
Wahllos würden Zivilpersonen festgenommen und ohne Gerichtsverfahren verurteilt. Selbst Jugendliche würden ins Gefängnis geworfen, sagt ein Anwalt. „Sie sind Sündenböcke zur Abschreckung.“

Kirche aus Deutschland hilft den Geflüchteten

Die GKI-TP gebe den vielen Tausend vor dem staatlichen Terror in den Wald geflüchteten Menschen medizinische Hilfe und versorge sie mit Lebensmitteln, berichtet Pfarrerin Dora Balubun. Sie ist für die Menschenrechtsarbeit ihrer Kirche zuständig. Mehrere Kirchen in Westpapua hätten ein gemeinsames Team zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen gebildet, sagt Balubun. Dankbar sei man für finanzielle Mittel der Pfälzer Partnerkirche zur Ausbildung indigener Menschenrechtsanwälte. Wichtig sei es, dass diese einen besseren Zugang zu Gerichten erhielten, sagt die Pfarrerin.

Die Kirchen in Deutschland könnten Fürsprecherinnen für die leidenden Menschen in Westpapua sein, betont die Pfälzer Kirchenpräsidentin Wüst. Bereits 2021 hatte die pfälzische Landessynode in einer Resolution die Bundesregierung und Politik in Deutschland aufgefordert, die indonesische Regierung zur besseren Einhaltung der Menschenrechte der indigenen Papuas zu drängen.

„Einen Beitrag zum Schutz der Menschenrechte können private Geldanleger in Deutschland auch dadurch leisten, dass sie nicht in Unternehmen investieren, die Rohstoffe in Westpapua ausbeuten“, ergänzt Pfarrer Florian Gärtner, der Leiter des Missionarisch-Ökumenischen Dienstes (MÖD) der Pfälzer Kirche. Das Wichtigste sei jedoch, dass die Weltöffentlichkeit die Probleme der indigenen Bevölkerung in der abgelegenen Region wahrnehme und handele, sagt Pfarrerin Balubun: „Vergesst uns in Papua nicht.“
 

Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!