Initiative fordert Unterstützung für afghanische Online-Universität

Wiesbaden - Wegen fehlender Finanzierung kann eine Exil-Online-Universität für afghanische Studierende auch zwei Jahre nach der Rückkehr der Taliban die Arbeit nicht aufnehmen. Die Bundesregierung und die EU-Kommission prüften seit eineinhalb Jahren, reagierten aber nicht, sagte der Initiator der „Afghanistan Online University“, Kambiz Ghawami, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag in Wiesbaden. Dabei habe das EU-Parlament im April 2022 die EU-Kommission zur Unterstützung aufgefordert. Jede Woche gingen 30 bis 40 Studienanfragen von Afghaninnen und Afghanen ein.

Die im Dezember 2021 beschlossene Konzeption und 45 afghanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Exil stehen Ghawami zufolge bereit. „Wir könnten morgen anfangen“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Komitees des internationalen Wissenschafts-Netzwerks „World University Service“ (WUS). Es fehle nur die Finanzierung. Für die Betreuung der bei Vollbetrieb vorgesehenen 5.000 Studienplätze würden jährlich 30 Millionen Euro benötigt. Die Online-Universität solle dem afghanischen Lehrpersonal im Exil Arbeit bieten und jungen Afghaninnen und Afghanen wissenschaftliche Bildung, die es in dem Land selbst für Männer kaum noch gebe.

Die geplante Online-Universität soll nach den Worten des Initiators Studienplätze vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften wie Politologie, Philosophie, Wirtschaft oder Journalistik anbieten, die von der Taliban-Regierung verboten worden seien. In Afghanistan könnten vornehmlich nur noch religiöse Fächer in der Interpretation der Taliban studiert werden. Schulabsolventen oder Bachelorstudenten stellten das Lehrpersonal. Die Online-Universität könne jungen Afghaninnen und Afghanen eine internationale Zukunftsperspektive geben - und damit auch einem demokratisch orientierten Afghanistan nach der Zeit der Taliban.

Das Hochschulkonzept ist nach Ghawamis Angaben von dem Kasseler Soziologen Ulrich Teichler entworfen worden, Vorsitzender des Stiftungsrates der Zentralen Evaluations- und Akkreditierungsagentur in Deutschland und langjähriger Direktor des „International Center for Higher Education Research“ (INCHER). Die geplante Universität solle Partnerschaften mit bestehenden Hochschulen eingehen, dadurch eine Zulassung (Akkreditierung) erlangen und doppelte Studienabschlüsse anbieten können. 

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