Kolumbien brennt

Die Regierung hat den Katastrophenfall ausgerufen: Fast in ganz Kolumbien herrscht Waldbrandgefahr, mehrere Feuer sind außer Kontrolle. Es ist zu trocken und zu heiß. Und das auch noch länger.

Bogotá - Lodernde Waldbrände, überhitzte Städte - Kolumbien leidet unter einer beispiellosen Hitzewelle. Alle paar Stunden aktualisiert die Regierung die Zahl gelöschter und noch aktiver Feuer. Am Sonntag rief Präsident Gustavo Petro den Katastrophenfall aus und bat um internationale Hilfe. Er befürchte, die Waldbrände könnten sich im Februar in die Amazonas-Region ausdehnen und gravierende Ausmaße annehmen. „Das könnte sich zu einem globalen Notstand entwickeln.“

Hauptursachen sind der Klimawandel und ein schweres „El-Niño-Phänomen“. Rekordtemperaturen und fehlender Regen werden nach Angaben des Instituts für Meteorologie und Hydrologie (Ideam) anhalten. Die Lage könne sich noch verschlimmern, warnt auch die Leiterin der Behörde, Ghisliane Echeverry, im Interview mit dem TV-Sender Caracol. Der Januar sei im gesamten Land der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen.

Hilfsangebote aus Mexiko, Peru, Kanada und USA

Über 90 Prozent aller 1.100 kolumbianischen Gemeinden haben Echeverry zufolge eine Warnung wegen Brandgefahr ausgesprochen. In 642 von ihnen sei die Gefahr akut. Laut Präsident Petro wurden bis Sonntag über 400 Brände gelöscht. Immer wieder kommen neue hinzu. Inzwischen hätten Mexiko, Peru, Kanada, die USA, die Europäische Union und die Vereinten Nationen Hilfe angeboten.

Umweltministerin Susana Muhammad geht davon aus, dass viele Brände von Menschen verursacht werden. 95 Prozent der Feuer entstünden entweder unbeabsichtigt durch Lagerfeuer oder andere Freizeitaktivitäten oder absichtlich, was als kriminelle Tat gelten könne, sagte sie in einer Videobotschaft. Mehrere Personen seien in diesem Zusammenhang festgenommen worden.

Die endgültigen Auswirkungen auf die Ökosysteme des Landes sind noch nicht absehbar, aber die Aussichten sind besorgniserregend. Bereits jetzt sind mehr als 17.782 Hektar Land betroffen.

Der Schaden könne je nach Region variieren, sagte die Forstwissenschaftlerin an der Nationalen Universität, María Meza Elizalde. So seien die Arten in der nordöstlichen Region Santander, wo vorletzte Woche die ersten Brände ausbrachen, an die Bedingungen der Anden angepasst. Sie könnten nicht gut auf Feuer reagieren. Jeder noch so kleine Brand könne also hohe Verluste verursachen.

Dies sei beispielsweise der Fall bei den Frailejón-Pflanzen, die in den weiten Hochmooren Kolumbiens für die Wassergewinnung unerlässlich sind, sagte die Ingenieurin. Hunderte Hektar des einzigartigen Ökosystems liegen in Asche.

Unterschiedliche Regenerationsfähigkeit der Vegetation

Ebenfalls schwer beschädigt ist die Natur in der Umgebung der Hauptstadt Bogotá, deren Vegetation sehr vielfältig ist. Meza Elizalde zufolge gibt es Grasflächen mit einheimischen Arten, aber auch eingeführte Kiefern- und Eukalyptuswälder. Diese könnten sich nach Bränden besser regenerieren, da sie ursprünglich aus Gebieten stammten, in denen Brände keine Seltenheit sind.

„Der allgemeine und allmähliche Temperaturanstieg führt dazu, dass Arten in größere Höhen umsiedeln und langsam die Berge bevölkern, um sich dort niederzulassen, wo sie optimale Bedingungen finden“, sagt die Ornithologin Loretta Rosselli. Zwar könnten sich manche Tier-Arten an immer wiederkehrende Brände gewöhnen. Die Ökosysteme veränderten sich aber nachhaltig.

Auch für die Menschen haben die Feuer unmittelbare Auswirkungen. Seit über einer Woche brennt der Wald, mit dem die Bergkette im Osten der Hauptstadt Bogotá überzogen ist. Zuletzt erklärte Bürgermeister Carlos Galán, ein Feuer mit zahlreichen Brandherden sei gelöscht, ein anderes unter Kontrolle. Jetzt gehe es darum, das Gebiet zu überwachen und Glutnester zu finden. „Wir müssen die Grünflächen in und um Bogotá resilienter für Extremwetter machen, gegen die Trockenheit, aber auch gegen starke Regenfälle, die Folgen der Klimakrise sind.“

Mehrere Tage galt in der Hauptstadt der Gesundheitsnotstand wegen des dichten Rauchs. Schulen, die in der Nähe der Waldbrände liegen, wurden geschlossen, die Bevölkerung aufgerufen, keinen Sport im Freien zu treiben, die Fenster geschlossen zu halten und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Nun hat sich die Lage in Bogotá etwas beruhigt. Doch für das ganze Land gilt weiter höchste Alarmstufe. Denn laut dem nationalen Metereologie-Institut sind erst für März ergiebige Niederschläge zu erwarten.

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