Schwierige Verhandlungen über die Klimahilfen

Beim Petersberger Klimadialog kommen ab Donnerstag Regierungsvertreter aus aller Welt zusammen. Das Treffen dient auch der Vorbereitung der kommenden UN-Klimakonferenz. In diesem Jahr wird um die Finanzhilfen für arme Länder gerungen.

Berlin - Wenn Diplomaten aus aller Welt ab Donnerstag in Berlin die Weichen für den nächsten Weltklimagipfel stellen, dürfte es auch ums Geld gehen. Denn bei der 29. Klimakonferenz (COP 29), die im November von Aserbaidschan in der Hauptstadt Baku ausgerichtet wird, müssen die Staaten sich auf eine neue Zielsumme bei den Klimahilfen für ärmere Länder einigen - trotz vielerorts angespannter Haushaltslage.

Der Bedarf ist enorm. Allein für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels fehlen ärmeren Ländern laut einem UN-Bericht von November 2023 Summen von umgerechnet etwa 182 bis 345 Milliarden Euro pro Jahr. Auch Europa ist laut dem kürzlich erschienenen Klimarisikobericht der EU-Umweltagentur nicht ausreichend für die Klimakrise gerüstet.

Solche Zahlen werden wohl auch beim Petersberger Klimadialog zur Sprache kommen. Das Format - benannt nach dem ersten Austragungsort, dem Petersberg bei Bonn - gilt als wichtige Zwischenstation für die Vorbereitung der Weltklimakonferenzen. Für zwei Tage kommen ab Donnerstag in Berlin Vertreterinnen und Vertreter aus rund 40 Staaten zusammen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird während des Dialogs im Auswärtigen Amt auch auf Aserbaidschans Präsidenten Ilham Alijew treffen.

Während vergangenes Jahr in Dubai um einen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle gerungen wurde, dürften in Baku die Finanzen für Klimaschutz und die Anpassung an die Erderwärmung eine große Rolle spielen: Auf der Agenda steht eine Neuverhandlung des sogenannten 100-Milliarden-Dollar-Ziels.

Es geht um ein altes Versprechen: Die Industrieländer hatten zugesagt, wirtschaftlich weniger entwickelte Länder von 2020 bis 2025 mit jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen zu unterstützen. 2022 wurde die Summe laut vorläufigen Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wahrscheinlich erstmals erreicht. Fachleute rechnen in Baku mit dem Beschluss eines neuen Finanzierungsziels ab 2026. Dann sollen die Industrieländer mehr als die bisher vereinbarten 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr mobilisieren.

Petter Lydén von der Umweltorganisation Germanwatch rechnet mit herausfordernden Gesprächen. Einige grundlegende Aspekte lägen auf dem Tisch, wie zum Beispiel die Frage, ob auch nicht traditionelle Geber zahlen müssen, sagt der Germanwatch-Bereichsleiter für internationale Klimapolitik. Damit gemeint sind reiche Länder wie etwa Saudi-Arabien, die inzwischen zu den größten CO2-Verursachern zählen, sich bisher aber nicht an den Hilfszahlungen beteiligen.

Auch geht es Lydén zufolge darum, ob Finanzmittel für den Umgang mit Schäden und Verlusten („Loss and Damage“) in das neue Klimafinanzierungsziel einbezogen werden. Der Petersberger Klimadialog könne bewirken, dass die Ministerinnen und Minister gegenseitig ein besseres Verständnis aufbauen. Das sei die „Voraussetzung für erfolgreiche Verhandlungen im November“.

Deutschland zählt bei den Klimahilfen für ärmere Länder zu den wichtigsten Gebern. Kanzler Scholz versprach beim vergangenen Petersberger Klimadialog, Deutschland wolle bis spätestens 2025 jährlich mindestens sechs Milliarden Euro dafür bereitstellen. 2022 wurde das Ziel mit mehr als 6,3 Milliarden Euro übererfüllt.

Lydén erwartet nun, dass die Bundesregierung bei dem Gipfel in Berlin ihr Versprechen bekräftigt. Die Summe falle bereits hinter das zurück, was Deutschland eigentlich bereitstellen sollte, um seiner historischen Verantwortung als Emittent und als großes Industrieland gerecht zu werden, sagt der Germanwatch-Experte. Doch brächten die vorgesehenen Haushaltskürzungen für die Entwicklungszusammenarbeit und Klimafinanzierung das Vorhaben ernsthaft in Gefahr.

Internationale Partner seien bereits jetzt besorgt, warnt Lydén. Eine Abkehr „würde Deutschlands internationales Ansehen als verlässlicher Partner gefährden“. Scholz und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) „müssen erkennen, wie entscheidend es geopolitisch ist, dass international gemachte Versprechen eingehalten werden“.

UN-Bericht zur Klimafinanzierung (englisch): http://u.epd.de/2z92 EU-Klimarisikobericht (englisch): http://u.epd.de/2z93 Pressemitteilung Bundeswirtschaftsministerium zur Klimafinanzierung: http://u.epd.de/2z94 Pressemitteilung OECD zur Klimafinanzierung (englisch): http://u.epd.de/2z96 Informationen des Entwicklungsministeriums zum 100-Milliarden-Dollar-Ziel: http://u.epd.de/2z9b

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