Kenia: Zahl der Toten bei Protesten gegen Polizeigewalt gestiegen

Nairobi - Die Zahl der Toten bei Protesten gegen Polizeigewalt in Kenia ist auf mindestens 16 gestiegen. Sie seien am Mittwoch von Sicherheitskräften getötet worden, teilte Amnesty International am Donnerstag mit. Nach Angaben der Nationalen Menschenrechtskommission KNHRC wurden außerdem etwa 400 Menschen verletzt und mehr als 60 festgenommen. Oppositionspolitiker verurteilten das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Amnesty rief Angehörige von Opfern auf, auf Obduktionsberichte zu bestehen.

Der kenianische Innenminister Kipchumba Murkomen bezeichnete die Proteste als Putschversuch, Terrorismus und Anarchie und drohte mit harscher Verfolgung der Verantwortlichen. Am Mittwochnachmittag hatten Tausende Protestierende versucht, den Sitz des Präsidenten in der Hauptstadt Nairobi zu erreichen, wurden aber von Sicherheitskräften aufgehalten. Die Polizei habe gute Dienste geleistet, sagt Murkomen. Mehrere Polizeistationen seien von Demonstrierenden niedergebrannt worden.

Mit den Demonstrationen am Mittwoch erinnerten landesweit Zehntausende Menschen an den Jahrestag der Niederschlagung der Massenproteste vor einem Jahr. Am 25. Juni 2024 waren Protestierende ins Parlament vorgedrungen, wo ein neues Haushaltsgesetz mit höheren Steuern verabschiedet werden sollte. Mindestens fünf Menschen wurden damals erschossen.

Scharfe Munition, Tränengas und Wasserwerfer

Die Sicherheitskräfte gingen am Mittwoch laut Medienberichten mit scharfer Munition, Tränengas und Wasserwerfern gegen die unbewaffneten Demonstrierenden vor. Unter den Todesopfern sind den Angaben nach auch Unbeteiligte. Frauenrechtlerinnen berichteten derweil von Vergewaltigungen von Frauen, denen am Abend auf dem Heimweg aufgelauert wurde. Auch von Schüssen in Wohngebieten war in Medienberichten die Rede. Wer genau dafür verantwortlich war, ist unklar.

Der ehemalige Oberste Richter und Oppositionspolitiker David Maraga, der an den Protesten teilgenommen hat, erklärte: „Wir verurteilen auf das Schärfste die Anwendung staatlicher Gewalt gegen trauernde Familien und friedliche Demonstranten.“ Der eklatante Bruch der Verfassung und der Menschenrechte müsse aufhören, schrieb der 74-Jährige auf der Plattform X. Auch er sei vom Tränengas der Polizei getroffen worden.

Am Mittwochabend erklärte ein Gericht die Anordnung der Kommunikationsbehörde, alle Live-Berichterstattung über die Proteste abzubrechen, für unrechtmäßig. Die Menschenrechtsorganisation Katiba Institut reichte zudem Klage gegen die Sperrung der Einfallstraßen ein.

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