Berlin/Aachen - Die Kürzungen vieler Länder bei der Entwicklungshilfe sind nach Einschätzung des katholischen Hilfswerks Misereor eine Gefahr für Frieden und Sicherheit. Misereor-Hauptgeschäftsführer Andreas Frick sprach am Mittwoch in Berlin von einer „tiefgreifenden Zäsur“ für die internationale Entwicklungszusammenarbeit.
Bei Umsetzung aller angekündigten Streichungen stünden im nächsten Jahr rund 44 Milliarden US-Dollar - umgerechnet 37,5 Milliarden Euro - weniger zur Verfügung, sagte Frick. Vor diesem Hintergrund müsse die Bundesregierung ihre im Bundeshaushalt geplanten Kürzungen zurücknehmen: „Wo andere Lücken reißen, kann und muss Deutschland wichtige Verantwortung für Menschlichkeit übernehmen“, betonte Frick. Ohne die Bekämpfung von Armut und Hunger werde es weder Frieden noch Sicherheit weltweit geben.
Mit Blick auf den Krieg im Gaza-Streifen kritisierte Misereor Angriffe auf Zivilisten: „Genauso wie wir den Terror und die Verbrechen der Hamas an den Menschen in Israel verurteilen, verurteilen wir es, wenn die israelische Regierung Zivilisten bombardiert und hungernde Menschen als Teil einer Kriegsstrategie einsetzt“, erklärte Geschäftsführer Bernd Bornhorst. Die Bundesregierung müsse ihren Einfluss geltend machen und von Israel die Aufhebung der Blockade von Hilfsgütern für die Menschen in Gaza einfordern: „Hunger als Kriegswaffe geht nicht.“
Vor diesem Hintergrund fordert Misereor von der Bundesregierung auch ein Umdenken bei ihren Rüstungsexporten nach Israel. Diese dürften nicht mehr genehmigt werden, wenn die gelieferten Waffen zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht genutzt würden, sagte Prälat Karl Jüsten, der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für globale Entwicklung (KZE), über die die staatlichen Gelder an Misereor weitergeleitet werden. Deutschland habe hier eine „besondere Verantwortung“.
Angesichts der steigenden Rüstungsausgaben hierzulande sprach Jüsten zwar von einer Notwendigkeit für Investitionen in Deutschlands Verteidigungsfähigkeit, doch werde eine Fokussierung aufs Militärische allein langfristig nicht für Frieden sorgen. Deutschland dürfe die Ziele der vergangenen Jahrzehnte nicht aus dem Blick verlieren: „Der Kampf gegen Hunger, Armut und Klimawandel darf nicht gedrosselt werden, um Krisen vorzubeugen und Stabilität zu schaffen.“
Laut dem vorgestellten Jahresbericht für 2024 nahm Misereor 62,4 Millionen Euro aus Spenden und Kollekten ein - 2,2 Millionen Euro weniger als im Jahr zuvor. Insgesamt verfügte Misereor einschließlich der Gelder aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über knapp 230 Millionen Euro. Aktuell werden damit über 3.100 Projekte in 83 Ländern unterstützt.