Islamforscherin: Israels Angriffe Bärendienst für Opposition im Iran

Oberursel - Die Kölner Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur kritisiert die israelischen Angriffe auf den Iran vom Juni als „Bärendienst“ für die iranische Opposition. „Man geht seit den Angriffen von über 900 Verhaftungen in Iran aus“, sagte Amirpur dem im hessischen Oberursel erscheinenden Magazin „Publik-Forum“ (Ausgabe 4. Juli).

Das Kalkül des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu sei zynisch gewesen, sagte die Professorin der Kölner Universität. Das Motto sei gewesen: „Wir ebnen euch mit unseren Bomben den Weg, und ihr schmeißt dann die Mullahs raus.“ Das habe nicht funktionieren können. „Die Menschen in Iran sollen auf der Straße protestieren, während ihnen israelische Bomben auf den Kopf fallen, oder wie hat er sich das vorgestellt?“, kritisierte Amirpur.

Besonders der Angriff auf das Teheraner Evin-Gefängnis, in dem viele Oppositionelle einsaßen, ist nach Amirpurs Worten „vollkommen schiefgegangen“. Politische Gefangene seien gedemütigt und verletzt in andere Gefängnisse verlegt worden, wo sie nun zusammen mit Vergewaltigern und Hochkriminellen säßen. „Im Evin-Gefängnis gab es ein Miteinander des Widerstands, das jetzt zerstört wurde“, erklärte die Wissenschaftlerin.

Machthaber wollen jetzt Stärke demonstrieren

Während der Angriffe habe jeder sehen können, wie schwach das iranische Regime wirklich sei. „Das Problem für die Menschen in Iran ist, dass diese Schwäche für sie harte Folgen haben könnte“, sagte Amirpur. Denn nun wollten die Machthaber Stärke nach innen demonstrieren: „Für die Unterdrückung sind sie immer noch stark genug.“

Dabei sei Netanjahus Gedanke, nach einem Regimewechsel auf eine Solidarität des iranischen Volks mit Israel zu hoffen, richtig gewesen, sagte Amirpur. Die einzigen Solidaritätsbekundungen aus dem Nahen Osten für Israel nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 seien aus der iranischen Bevölkerung gekommen: „Und das in einem Land, in dem es Staatsdoktrin ist, nicht israelfreundlich zu sein.“ Es gebe zudem rund 250.000 Israelis mit iranischen Wurzeln. „Das sind Verbindungen, auf die man aufbauen und die man vertiefen könnte“, erklärte die Professorin. „Das wäre besser für die Region als Bomben zu werfen.“

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