Fruchtbarkeit dank Herkuleskäfer

Käferkot statt Kunstdünger – darauf setzt der kolumbianische Umweltingenieur Germán Viasus Tibamoso. Genauer gesagt: Er hat einen Weg gefunden, organischen Abfall mit Hilfe von Larven einer riesigen Käferart rasch in große Mengen Kompost zu verwandeln. Der ist preisgünstiger als Kunstdünger und könnte mehr als den gesamten Düngerbedarf der Landwirtschaft in Kolumbien decken. Knut Henkel stellt den Tüftler und seinen originellen Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft vor – und er fragt, welche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden müssen, damit sich das Verfahren breiter durchsetzt.

Eine inspirierende Lektüre wünscht

Bernd Ludermann

Das bewegt die Redaktion

Deutschland muss sein Bruttosozialprodukt schneller steigern – darin scheinen von Rechts über Grün bis Links wieder – oder immer noch? – alle einig. Dass „wir“ das langsamste Wirtschaftswachstum in Europa haben, alarmiert nicht nur Wirtschaftsverbände, sondern auch den liberalen Finanz- und den grünen Wirtschaftsminister sowie die Mehrheit der Medienschaffenden. Dabei ist seit Jahrzehnten klar: Das Sozialprodukt ist ungeeignet, ja irreführend als Indikator für den Wohlstand oder gar die Lebensqualität. Hierfür sind ab einer gewissen Höhe der Pro-Kopf-Produktion andere Dinge wichtiger: Bildung und Teilhabe, öffentliche Güter und Dienste wie für Gesundheit, eine intakte Umwelt, geringe soziale Ungleichheit. In Europa und den USA erleben wir seit Jahrzehnten ein Wirtschaftswachstum, das Umweltbelastungen weiter erhöht, auch anderswo in armen Ländern, und das die soziale Ungleichheit vertieft und die Lebensqualität beeinträchtigt, weil öffentliche Güter und Dienste zugunsten von Kapitalrenditen privatisiert werden. Umso mehr ist mir ein Rätsel, wie es Regierungen und Bildungseliten noch immer zum Hauptziel erklären können, einen Wettlauf um die höchsten Wachstumstraten zu gewinnen. Zu Ungleichheit planen wir zurzeit einen Schwerpunkt für das Juni-Heft. 

Neu auf welt-sichten

Klima-Reparatur: In Deutschland soll künftig Kohlendioxid aufgefangen und unter dem Meer gespeichert werden. Dies ist eine Form des Climate Engineering, mit dem trotz anhaltender Emissionen entweder die CO2-Konzentration in der Atmosphäre gesenkt oder direkt nur der Anstieg der Erdtemperatur verringert werden soll. Wie das gehen soll und welche Gefahren damit verbunden sind, erklärt der Beitrag von Annette Schlemm.

Die falschen Gebete? Am 1. März beteiligen sich Christen weltweit am Weltgebetstag der Frauen. Der für dieses Jahr wurde in Palästina vorbereitet – und die deutsche Gottesdienstordnung dafür musste wegen Antisemitismus-Vorwürfen nach dem 7. Oktober überarbeitet werden, obwohl sie schon geprüft und gebilligt war. Über den Streit und seine Hintergründe berichtet Katja Dorothea Buck. 

Handelsregeln: Seit sechzehn Jahren verhandelt die Schweiz mit Indien über ein Freihandelsabkommen. Den Verhandlungsstand hütet die Regierung wie ein Geheimnis, kritisieren NGOs. Umso mehr sorgt ein Leak für Aufregung; Streitpunkt sind Patente für Pharmaprodukte, berichtet Meret Michel.

Lebendige Gemeindepartnerschaft: Oberried im Dreisamtal und Inmaculada Concepción Mollendo in Peru sind seit 30 Jahren verbunden. Wie digitale Medien die Partnerschaft erleichtern, erzählt Franz Himmelsbach, Pastoralreferent und Mitglied des Eine-Welt-Kreises Oberried im Dreisamtal.

Noch immer interessant

Alltägliche Diskriminierung: Ein Schweizer hat wegen Racial Profiling gegen die Polizei in Zürich geklagt und der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat ihm Recht gegeben. Ein Einzelfall ist das leider auch in der Schweiz nicht; das hat der Bericht von Meret Michel vor einem halben Jahr gezeigt.

Medienschau: Was andere berichten

Als Jude in Indonesien: Rabbi Baruch ist einer der ganz wenigen Juden in dem Inselstaat. Dort ist Judenhass verbreitet, aber am Ort schützen ihn der Imam und der Pfarrer. Baruchs Großeltern waren in Europa verfolgt, dann in Indonesien Kolonialherren. Dort hat er ein Holocaust-Museum auf seinem Grundstück und glaubt an die Macht von Bildung. Tolle Geschichte in der "Süddeutschen Zeitung" (Paywall), die nebenbei das Schwarz-Weiß-Denken ad absurdum führt.

Fallschirm-Journalismus: Viele Journalisten reisen kurz ein und malen Zerrbilder von Taiwan, sagt eine Stringerin dort in "Foreign Policy". Sie bestellen Bilder für die Geschichte vom drohenden Krieg, die sie schon vorher im Kopf haben, und akzeptieren nicht, wenn es anders ist - wenn etwa Leute weder böse über China reden wollen noch den Kampf proben.

Die Welt mit Steuern fairer machen: Die jüngste Folge des Podcast „Entwicklungssache“, den das deutsche Entwicklungsministerium herausbringt, fragt nach Möglichkeiten, global der Ungleichheit entgegenzuwirken. Ministerin Svenja Schulze spricht mit Serap Altinisik von Oxfam Deutschland darüber, ob es Milliardäre überhaupt geben sollte, dass man ihr Vermögen besteuern soll – was die FDP leider verhindere – und dass in armen Ländern der Aufbau von Steuerbehörden gegen Ungleichheit helfen soll. Ob Olaf Scholz da überalll mitgeht?

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Zeitenwende vom Süden gesehen: Wie verändert der Krieg in der Ukraine Europas Friedensförderung weltweit? Das haben zwei Stiftungen dreizehn Fachleute aus Ländern gefragt, die von Konflikten betroffen sind oder waren. Der Befund, den ich zusammenfasse, ist für Europas Entscheidungsträger und Meinungsbildner wenig schmeichelhaft.

Rettet die Welthandelsorganisation: Die WTO hat Einfluss und Legitimität eingebüßt. Die auf Corona-Impfstoffe begrenzte Ausnahmen vom Patentschutz stark auszuweiten, wäre ein sinnvoller und überfälliger erster Schritt, die Legitimität der Handelsordnung wieder zu stärken, sagt eine Studie aus dem Global Development Policy Center .

Ausblick

Frieden neu denken: Seit dem offenen Angriff Russlands auf die Ukraine wird in der Evangelischen Kirche debattiert, ob die eigene Friedensethik sich als weltfremd erwiesen hat. Eine Tagung mit dem Titel „An den Rand gedrängt? Frieden und Zivile Konfliktbearbeitung in Zeiten eskalierender Gewalt“ am 13.-14. März in Loccum will dazu beitragen, diese Friedensethik partizipativ weiter zu entwickeln. Details und Anmeldung hier.

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