Ukraine: Energiewende im Bombenhagel

in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw merkt man fast nichts vom Krieg. Wenn tagsüber Luftalarm ist, reagieren nur wenige: Die Leute laufen einfach weiter, plaudern am Straßenrand oder sitzen im Café. Nur die Kinder werden in Sicherheit gebracht: Die strömen dann in die U-Bahnstationen und belagern aufgeregt auf mitgebrachten Sitzkissen, Isomatten oder Klappstühlen die Bahnsteige. 

Aber natürlich ist die russische Aggression täglich spürbar, wie ich Ende April während meiner Recherche in Kyjiw und Umgebung zur Energieversorgung in der Ukraine erfahren habe. Seit Monaten bombardiert Russland systematisch Kraftwerke und Umspannwerke im ganzen Land, um die Bevölkerung zu terrorisieren. Welche Folgen das für die Stromversorgung hat, wie sich die Ukraine dagegen zu schützen versucht und wie der Umstieg auf erneuerbare Energien vorankommt, lesen Sie in meinem Bericht.

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Tillmann Elliesen

Das bewegt die Redaktion

Auch in der vergangenen Nacht hat Russland die Ukraine wieder schwer mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen bombardiert, in der Hauptstadt Kyjiw gab es am frühen Morgen Luftalarm. Wenn das der Fall ist und der öffentlich-rechtliche Rundfunksender Suspilne gerade live auf Sendung ist, wird die Übertragung unterbrochen und nach einer kurzen Pause aus dem provisorischen Studio im Luftschutzkeller weitergesendet. Im modernen Newsroom von Suspilne, den unter anderem die Deutsche Welle und die britische BBC finanziell gefördert haben, arbeiten rund 350 Journalisten, Redakteure und Techniker. Sie machen Fernsehen, Radio und erstellen Inhalte fürs Internet. Können sie frei berichten? Ja, auch über heikle Themen wie die weit verbreitete Korruption und andere Missstände, haben mir die ukrainischen Kolleginnen und Kollegen versichert. Berichte und vor allem Bilder von der Front muss das Militär genehmigen. Aber das dient vor allem der Sicherheit der Soldaten.

Neu auf "welt-sichten"

Kindheit im Krieg: Auch Katrin Weidemann, die Vorsitzende der Kindernothilfe, befasst sich in ihrer Herausgeberkolumne mit der Ukraine. Die Kinder dort erleben Gewalt, Not und den Zerfall schützender Strukturen. Wer das Land wieder aufbauen möchte, muss vor allem sie stärken, meint sie.

Kredite für den Klimaschutz: Seit über 15 Jahren finanziert die Österreichische Entwicklungsbank Projekte und Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern. In ihrer neuen Strategie bekennt sie sich zu einer ambitionierten Klimafinanzierung, berichtet Milena Österreicher.

Ran an die Milliardäre! Die Forderung nach einer Reichensteuer gewinnt international an Fahrt, auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze hat sich unlängst prominent dafür ausgesprochen. Über die Erfolgsaussichten sind sich Fachleute uneins, hat Marina Zapf erfahren.

Noch immer interessant

Auf der Weltklimakonferenz Ende des vergangenen Jahres in Dubai haben die Staaten sich auf einen Fonds geeinigt, der besonders stark vom Klimawandel betroffene Länder für Verluste und Schäden entschädigen soll (Loss and Damage Fund). Der Beschluss wurde als Durchbruch gefeiert. Vergangene Woche hat nun die Geschäftsleitung des Fonds erstmals getagt - drei Monate später als geplant, weil einige Geberländer nicht in der Lage waren, Mitglieder in das Gremium zu entsenden. Mein Kollege Bernd Ludermann hat schon vor einem halben Jahr Zweifel angemeldet, dass aus dem Fonds mehr wird als bloß ein weiterer leerer Topf. Die Bedenken waren offenbar schon damals begründet - und sind immer noch lesenswert.

Medienschau: Worüber andere berichten

Kein Asyl für bedrohte Uiguren? Verweigern die Vereinten Nationen der von Peking unterdrückten Bevölkerungsgruppe Schutz, weil sie es sich nicht mit der Regierung in Peking verscherzen wollen? "The New Humanitarian" berichtet von einer Kontroverse zwischen Thailand und dem UNHCR.

Afrikanisches Geld für afrikanische Probleme? Die Afrikanische Union hat eine neue Allianz von Finanzinstitutionen und Banken auf dem Kontinent gestartet. Der sogenannte Africa Club soll Geld für entwicklungspolitische Investitionen mobilisieren und zudem die Stimme des Kontinents in der internationalen Schuldendebatte verstärken, berichtet "Devex".

Mehr Realismus in der Klimapolitik, bitte! Für den Klimaschutz das Wirtschaftswachstum stoppen geht im Kapitalismus nicht, doch „das System stürzen“ ist auch keine Lösung. Das Plädoyer der "Blätter" lautet daher: Verfolgt realistische Ansätze für Schadensbegrenzung, etwa mehr Gemeingüter und lokale Demokratie.

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Die Afrikanische Union sperrt NGOs aus ....: Ein Papier des European Center for Development Policy Management (ECDPM) sieht den Einfluss zivilgesellschaftlicher Organisationen auf die Politik der Afrikanischen Union in Gefahr. Barbara Erbe hat das Papier gelesen.

.... und Geld aus dem Norden kriegen sie auch nicht: In der Entwicklungszusammenarbeit ist zwar immer von Augenhöhe die Rede, aber die Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit im globalen Süden läuft vor allem über große Organisationen in den Geberländern. Laut einer Studie von #ShiftThePower fließt fast nichts direkt an NGOs im Süden.

Apropos Geld: Woher sollen in den kommenden Jahren die Milliarden kommen, die benötigt werden, um in ärmeren Ländern die Infrastruktur auszubauen und den UN-Nachhaltigkeitszielen näher zu kommen? Mit dieser Frage hat sich eine von der EU-Kommission mandatierte Gruppe internationaler Fachleute intensiv befasst. Jetzt hat sie ihren Abschlussbericht vorgelegt.

Buchtipp

Differenzierter Blick auf Chinas Aufstieg: Die Sinologin und Politikwissenschaftlerin Kristin Shi-Kupfer betont in ihrem Buch, dass die digitale Entwicklung in China nicht nur vom Staat, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren (mit-)gestaltet wird. Anja Ruf hat es gelesen.

Ausblick

Blick über den cineastischen Tellerrand: Kommende Woche, vom 14. bis 16. Mai, finden in Frankfurt am Main wieder die Filmtage Globale Perspektiven statt. Zu sehen gibt es drei Tage lang Streifen aus Afrika, Lateinamerika und Asien, dieses Jahr vor allem zum Thema Dekolonisierung und zum Kampf für Umwelt und Menschenrechte. Auch Gespräche mit den Filmemacherinnen sind möglich. Weitere Infos und die Möglichkeit zur kostenlosen Anmeldung gibt es hier.

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