Liebe Leserinnen und Leser,
neulich wurde in meiner Heimatstadt Frankfurt bei einem Open-Air-Kino-Happening ein Dokumentarfilm über die Punkszene in der Mainmetropole Anfang der 1980er Jahre gezeigt. Da gaben sich viele der alten Recken ein Stelldichein und feierten die wilden Zeiten von damals. Natürlich überwogen im gealterten Publikum jetzt schüttere silbergraue Haarkränze auf den Köpfen statt prächtiger knallbunter Irokesenkämme wie im Film. Und so mancher trauerte der Zeit nach, als der Punk in Deutschland noch für Aufregung in Kultur, Politik und Gesellschaft sorgte und noch nicht, wie heute, von der Musikindustrie vereinnahmt und massentauglich gezähmt war.
Aber wie es hieß es damals schon? Punx not dead! In Nairobi, der Hauptstadt von Kenia, lebt er jedenfalls noch, zum Beispiel in Gestalt der Band Crystal Axis, für die Punk nicht nur Musik ist, sondern ein Lebensstil, wie der Sänger sagt. Ismail Einashe stellt die Band, die der Jugend Kenias eine Stimme gibt, in seinem Beitrag vor.
Um Kunst, Kultur und Lebensstile, die anecken – darum geht es in dieser Ausgabe. Aus Nepal berichtet Bibek Bhandari, wie Künstlerinnen eine traditionelle Maltechnik nutzen, um mit ihren Bildern auf gesellschaftliche Missstände wie Frauenfeindlichkeit oder die Diskriminierung von Schwulen und Lesben aufmerksam zu machen. Knut Henkel hat für uns das Kulturzentrum El Mejunje in Santa Clara in Kuba besucht, in dem die kulturelle Vielfalt der Insel zuhause ist. Und Sifiso Mnisi erklärt, warum junge Leute aus südafrikanischen Townships dem bizarren Brauch huldigen, erst teure Markenklamotten zu kaufen und sie dann auf der Straße in einer Mischung aus Tanzperformance und Wettkampf vor jubelndem Publikum zu zerstören.
In seiner Heimat angeeckt mit seiner Kunst ist auch der nigerianische Schriftsteller Jude Dibia – und zwar so heftig, dass er heute in Schweden lebt. In seinen Büchern geht es immer wieder um Homosexualität; Rita Schäfer hat ihn anlässlich der Buchmesse im Oktober in Frankfurt am Main für uns interviewt.
Ich wünsche Ihnen einen ruhigen Herbst mit viel Zeit für Musik, Bücher, Bilder und andere Kultur.