Gute Ärzte nur in der Großstadt

Liebe Leserinnen und Leser,

in Afrika und Asien wachsen die großen Städte – nicht zuletzt, weil dort die Chancen besser sind als auf dem Land, Erwerbsarbeit zu finden oder etwas Geld mit Kleinhandel oder einem Imbiss zu verdienen. In Nordindien aber treibt auch das Gesundheitswesen die Landflucht an. Denn in Bundesstaaten wie Bihar und Uttar Pradesh findet man für viele Leiden kaum eine vernünftige Behandlung. Deshalb drängen sich Menschen von dort vor den Krankenhäusern in Neu Delhi – und viele ziehen, um sich behandeln zu lassen, mit der Familie in die Metropole um, berichten Rishabh Jain und Majid Alam. Die beiden indischen Journalisten erzählen, wie Menschen das schaffen und warum es oft die einzige Lösung ist.

Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht

Das bewegt die Redaktion

Ausverkauf: Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo will das halbe Land für Öl- und Gaskonzessionen öffnen; auf Lizenzen dafür sollen Energiekonzernen nun bieten. Schätzungsweise 39 Millionen Menschen leben in dem Gebiet. Und zwei Drittel der Fläche sind intakter Wald, darunter ein riesiges Gebiet mit Mooren, die immense Mengen Kohlenstoff speichern. Das Vorhaben widerspricht dem Klima- und Artenschutz und der Naturschutzpolitik des Kongo selbst. Es ist sogar ökonomisch fragwürdig, denn die Förderung dort wäre teuer und wenn mit der Elektrifizierung des Verkehrs der weltweite Ölbedarf und damit der Ölpreis sinkt, kann Öl aus dem Kongo nicht mit dem vom Persischen Golf konkurrieren. Doch versprochene internationale Zuschüsse für den Waldschutz im Kongo bleiben großenteils aus, und die Regierung braucht dringend Geld – als Schmiermittel des Machterhalts. Und so droht, bei uns weitgehend unbeachtet, weitere soziale und ökologische Zerstörung im Herzen Afrikas. Der einheimische Widerstand dagegen verdient auch in unserem eigenen Interesse jede Unterstützung.

Neu auf "welt-sichten"

Selbstbezogen: Die EU-Kommission sieht für die Jahre 2028 bis 2034 deutlich höhere Ausgaben für Außen- und Entwicklungspolitik vor. Das soll aber vor allem Europas Interessen dienen, ärmere Länder könnten weiter an den Rand gedrängt werden, schreibt Tillmann Elliesen.

Klimaschutz geopfert: Im Zollstreit mit den USA hat die EU Zugeständnisse gemacht, die den eigenen Klimaschutz untergraben. Nun fordern die USA Deregulierung beim Digitalen. Das zeigt: Kuschen hilft Europa nicht, kommentiere ich.

Solidarität gefragt: Über 85 Prozent der Weltbevölkerung leben jetzt in Ländern, in denen der Handlungsraum für Organisationen der Zivilgesellschaft beschränkt ist oder die unterdrückt wird. Das betrifft auch uns, meint Dagmar Pruin, die Präsidentin von Brot für die Welt.

Luftnummer: Die Regierung in Wien hat ein neues Dreijahresprogramm für die Entwicklungspolitik beschlossen. Fachleute begrüßen den Inhalt, bezweifeln aber, dass das Programm angesichts von Budgetkürzungen verwirklicht werden kann, berichtet Milena Österreicher

Was Sie verpasst haben könnten

Die Opfer warten weiter: Rodrigo Duterte, der frühere Präsident der Philippinen, steht vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Aber unter seinem Nachfolger werden Menschenrechte weiter missachtet und die Täter der Verbrechen unter Duterte nicht belangt, sagt Mario Maderazo von der philippinischen Menschenrechtsorganisation IDEALS im Interview

Apartheid oder nicht? Wegen einer Stellungnahme zum Nahostkonflikt wird dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Deutschland Israelhass und Antisemitismus vorgeworfen. Manche fordern sogar, die Evangelische Kirche in Deutschland solle aus dem Rat austreten, berichtet Katja Dorothea Buck.

Noch immer interessant

Schuldspruch: In Kolumbien ist der frühere Staatspräsident Alvaro Uribe wegen Zeugenbestechung und Prozessbetrugs schuldig gesprochen worden. Damit wollte Uribe seine Verbindungen zu Paramilitärs verschleiern, die während seiner Amtszeit zahlreiche Menschen umgebracht haben. Viele in Kolumbien warten bis heute auf Gewissheit, was mit verschwundenen Angehörigen damals passiert ist. Wie eine Sucheinheit nach heimlich vergrabenen Leichen forscht und wie wichtig das den Angehörigen ist, hat Antonia Schaefer vor drei Jahren für uns beobachtet; es lohnt, sich daran zu erinnern. 

Gern gelesen: Was andere berichten

Klimaurteil: ‪Was das Urteil des Internationalen Gerichtshofes über die Klimapflichten der Staaten für Afrika bedeutet, erklärt eine Spezialistin in "The Conversation": Afrikanische Länder verfügen nun über Instrumente, um Reparationen für klimabedingte Schäden einzufordern – aber sie sind auch selbst in der Verantwortung.

Von null auf 75 Prozent: In Nepal werden inzwischen immer mehr E-Autos gekauft, berichtet die "New York Times". Die Regierung treibt die Mobilitätswende und die Abkehr von fossilen Energien voran. Den großen Nachbarn China, der die meisten E-Autos produziert, freut das. 

Podcast-Tipp: Wie die neue US-Regierung Migranten und andere Länder schröpft, damit Konzerne und die Superreichen noch reicher werden – das erklärt die neue Folge des "Taxcast". Unter anderem am Ausstieg der USA aus der globalen Mindeststeuer: Washington will, dass US-Konzerne weltweit geringer besteuert werden als alle anderen Unternehmen. Andere Staaten könnten aber diese Konzerne zwingen, ihren Teil zu zahlen – sofern sich die Industrieländer (ohne USA) und die großen Entwicklungsländer da einig würden.

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Neues Kalifat im Aufbau? Im Nordosten Nigerias erhebt der „Islamische Staat Provinz Westafrika“ Steuern und bietet Gesundheitsdienste, Agrarhilfen und eine Justiz. Das bringt ihm Legitimität, findet ein Forscher. Ich stelle die Studie vor.

Mit den Augen des anderen: Strategische Stabilität, also gesicherte Abschreckung, soll einen Krieg mit Kernwaffen verhindern – so weit sind Fachleute in China und in den USA sich einig. Bei der Denkfabrik Brookings Institution erklärt Li Bin, ein Fachmann aus China, wie sich dort die Debatten von den amerikanischen unterscheiden und warum es wichtig ist, dies gegenseitig zur Kenntnis zu nehmen. Möge er in den USA Beachtung finden.

Buchtipp

Myanmars gescheiterte Öffnung: Drei Jahre nach dem Militärputsch in Myanmar steht das „goldene Land“ sozial und ökonomisch vor dem Ruin. Der schwedische Journalist Bertil Lintner zeigt anhand der Geschichte des Landes auf, wie es dazu kommen konnte. Luise Sonntag empfiehlt sein Buch.

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