Beeinflussen Freihandelsabkommen Migration?

Kurz erklärt
Clara Brandi vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik hat die Antworten.

Frau Brandi, verstärkt die Liberalisierung des Handels die Migration aus Entwicklungsländern?
Den Zusammenhang darf man nicht überschätzen. Aber manche bilaterale Freihandelsabkommen erleichtern die Migration, etwa indem sie den Erhalt von Aufenthaltserlaubnissen für das Partnerland regeln. Die aktuellen Flüchtlingsbewegungen haben allerdings mit solchen Abkommen nichts zu tun.

Handelsliberalisierung kann zu Einkommenszuwächsen führen. Kann das Migration verstärken, weil Leute auswandern, die sich das vorher nicht leisten konnten?
Das ist wenig plausibel. Im Gegenteil: Wenn Handelsabkommen dafür sorgen, dass sich Löhne zwischen Handelspartnern angleichen, dann senkt das eher die Anreize für Migration. Zudem sind Barrieren wie Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für Auswanderer oft größere Hürden als die Kosten.

Wie kann man verhindern, dass Handelsliberalisierung Schaden anrichtet?
Die Abkommen müssen von Maßnahmen flankiert werden, die es der Wirtschaft in den Entwicklungsländern erleichtern, sich an die neue Lage anzupassen. Aid for Trade – handelspolitische Unterstützung – kann dazu beitragen, dass Entwicklungsländer von Freihandelsabkommen profitieren.

Für welche Wirtschaftsbereiche kann die Liberalisierung Nachteile bringen?
In den Verhandlungen mit der Europäischen Union war Kenia besorgt, dass die heimische Landwirtschaft nicht mit den Preisen der EU mithalten kann, weil die ihre landwirtschaftlichen Exporte jahrelang subventioniert hatte. Ferner können Entwicklungsländer wichtige Einnahmen verlieren, etwa aus Zöllen oder Exportsteuern. Wenn sie nicht ersetzt werden, kann das dem Aufbau der Wirtschaft oder der Finanzierung sozialer Sicherung schaden. Die Handelspolitik der Industrieländer sollte so gestaltet sein, dass sie der Entwicklungszusammenarbeit und der Bekämpfung von Fluchtursachen nicht entgegenwirkt.

Und welche Vorteile bringt Handelsliberalisierung?
Vorteile haben zunächst mal die Verbraucher: Sie können viele Produkte günstiger kaufen. Und natürlich profitieren die Wirtschaftsbereiche, denen der Abbau von Handelshemmnissen bessere Exportmöglichkeiten bringt. Wenn Industrieländer ihre Subventionen etwa für Agrarexporte abbauen, dann nutzt das vielen Bauern in Entwicklungsländern. 

Clara Brandi ist Expertin für Handelspolitik am Deutschen Institut für Entwicklungs-politik (DIE) in Bonn.

Die Redaktion freut sich über Ihre Fragen, um sie von Fachleuten beantworten zu lassen.

Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.

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erschienen in Ausgabe 5 / 2016: Religion: Vom Glauben und Zweifeln
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