Predigen gegen gefährliche Pillen

Medikamente
Im Senegal machen muslimische und christliche Religionsführer bei der nationalen Kampagne gegen illegalen Medikamentenhandel mit. Sie wollen ihren Einfluss auf die lokale Bevölkerung nutzen, damit diese nicht mehr billige, aber möglicherweise gefälschte Arzneimittel bei Straßenhändlern kaufen.

Dass Medikamente am Straßenrand verkauft werden, ist in vielen Ländern südlich der Sahara gang und gäbe. In kleinen Läden und an Marktständen finden sich Arzneimittel gegen alle Krankheiten und Leiden, von bekannten und weniger bekannten Herstellern, zu einem Bruchteil des Preises, den Apotheken verlangen. Das macht den Kauf von Medikamenten bei Straßenhändlern insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen attraktiv. Dass sie dabei das Risiko eingehen, gefälschte, unwirksame oder gar gesundheitsgefährdende Präparate zu kaufen, ist den wenigsten bewusst.

Umso wichtiger ist es, dass im Senegal nun auch die beiden Religionsgemeinschaften in die nationale Kampagne gegen den illegalen Pharmamarkt eingestiegen sind. Rund 90 Prozent der Senegalesen sind sunnitische Muslime, knapp zehn Prozent vor allem katholische Christen. In den lokalen Gemeinden genießen Imame und Priester in der Regel eine hohe Autorität. Was sie sagen, wird gehört. „Wir werden die Botschaft an die Imame weitergeben, damit sie das Problem in ihren Predigten ansprechen“, sagte Imam el Hadj Oumar Diène, der Generalsekretär der senegalesischen Vereinigung der Imame und Religionsgelehrten (Ulema), nach einer Beratung zum Thema Straßenmedikamente, zu der das Gesundheits- und Sozialministerium Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Institutionen eingeladen hatte. Das Problem werde auch in muslimischen Sendungen im Radio und im Fernsehen angesprochen, sagte Oumar Diène. Man wolle den Menschen raten, statt vermeintliche Markenprodukte auf der Straße besser fast genauso günstige Generika-Arzneimittel in einer regulären Apotheke zu kaufen.

Auch der Verantwortliche für die Gesundheitsarbeit des Erzbistums Dakar, Bernard Diouf, sagte zu, alle Diözesan-Institutionen würden in die Kampagne einbezogen. Es könne nicht sein, dass die Armut und die Unwissenheit der Leute ausgenutzt würden, um ihnen gesundheitsgefährdende Produkte zu verkaufen.

"Die Kriminalität in diesem Bereich ist wie ein Krebsgeschwür"

Die Religionsführer sind nur ein Teil einer breit angelegten Kampagne gegen den illegalen Medikamentenhandel im Senegal. Unterstützt wird das Land dabei von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Union (EU), die seit 2014 ein Programm gegen den illegalen Medikamentenhandel in Kamerun, Ghana, Jordanien, Marokko und im Senegal mit einem Volumen von vier Millionen Euro durchführt. Diese fünf Länder liegen an den beiden Haupthandelsrouten für gefälschte Medikamente in Richtung Afrika. „Die Kriminalität in diesem Bereich ist wie ein Krebsgeschwür, das irgendwann die ganze Gesellschaft durchzieht“, sagt Michel Frebourg, der Leiter des EU-Programms REPT (Responding Effectively to the Production of and Trafficking in Falsified Medicines). Deshalb müssten die Verantwortlichen sowohl im Gesundheitsbereich als auch bei der Polizei, beim Zoll und in der Justiz dafür sensibilisiert werden.

Erst Anfang August hatte der senegalesische Zoll 1,25 Tonnen gefälschter Medikamente sichergestellt. Das International Institute of Research Against Counterfeit Medicines (IRCAM) geht davon aus, dass 30 Prozent aller in Afrika verfügbaren Medikamente Fälschungen sind. Der Handel mit solchen Präparaten sei zwanzig Mal profitabler als der Handel mit Heroin und drohe zu einem Schwerpunkt des internationalen organisierten Verbrechens zu werden, heißt es in einer IRCAM-Mitteilung. 2013 seien allein in Afrika mehr als 122.000 Kinder unter fünf Jahren an Malaria gestorben, weil sie gefälschte, unwirksame Malariamittel bekommen hätten.

Die WHO hält sich zwar mit Zahlen zurück, weist aber seit einigen Jahren verstärkt darauf hin, dass der illegale Pharmahandel nicht nur Entwicklungsländer betreffe. Auch in der westlichen Welt blühe das Geschäft mit illegalen oder gefälschten Produkten, insbesondere im Internet. In Entwicklungsländern sei das Risiko aber besonders hoch.

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erschienen in Ausgabe 10 / 2016: Welthandel: Vom Segen zur Gefahr?
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