Schuldenkrise, nächster Akt

Schuldenreport 2017
Eine neue internationale Schuldenkrise sehen Misereor und erlassjahr.de heraufziehen. Die Zahl der Entwicklungs- und Schwellenländer, deren Verschuldung kritisch ist oder sich darauf zu bewegt, hat weiter zugenommen.

Ende 2015 waren 116 Entwicklungs- und Schwellenländer bedenklich verschuldet – acht mehr als ein Jahr davor. Zu diesem Befund kommt der diesjährige Schuldenreport. Er untersucht jedes Jahr, welche Staaten Probleme haben oder bekommen dürften, Zins und Tilgung aufzubringen.

An Schulden ist nichts falsch, wenn das Geld produktiv investiert wird – wohl aber, wenn es konsumiert und veruntreut wird oder ihr Umfang die Volkswirtschaft überfordert, heißt es in dem Bericht. Um dies zu beurteilen, verwenden die Autoren fünf Indikatoren, darunter das Verhältnis der Staatsschulden zu den Staatseinnahmen und der Auslandsschulden zu den Exporterlösen. Eine Tabelle listet die jeweiligen Werte für die 116 Länder auf und zeigt, welche sich verbessern oder verschlechtern.

Die Verschlechterungen überwiegen, und verschiedene Regionen sind unterschiedlich betroffen. In Asien ist der Schuldenstand im Durchschnitt eher niedrig und wächst nur langsam – auch wenn das in einzelnen Ländern wie Bhutan schlechter aussieht. In Afrika südlich der Sahara zeigen die Warnzeichen von niedrigem Niveau aus steil nach oben, in Lateinamerika von höherem Niveau etwas weniger stark. Am kritischsten ist die Lage laut dem Bericht in Nordafrika und Nahost sowie in Ost- und Südosteuropa, dem Kaukasus und Zentralasien.

Zu abhängig von Rohstoffen

Was steckt dahinter? Früher kommunistische Staaten wie Weißrussland haben laut dem Bericht den Übergang zur Marktwirtschaft mittels hoher Auslandsverschuldung finanziert. Sehr arme Länder, die seit 1996 Schuldenerleichterungen erhalten haben – vor allem afrikanische –, hätten damit wieder Zugang zum Kapitalmarkt bekommen und neue Darlehen aufgenommen. Hinzu komme ein Strukturproblem, das Länder aus unterschiedlichen Regionen trifft: Abhängigkeit von Rohstoffexporten.

Staaten wie Angola und die Mongolei hätten in die Ausbeutung von Bodenschätzen investiert und erzielten nun nicht die erwarteten Einnahmen, weil die Rohstoffpreise gesunken sind. Unter den am kritischsten verschuldeten Ländern sind laut Bericht besonders viele, die vom Export einiger weniger Rohstoffe abhängen. Die Autoren konzentrieren sich auf allgemeine Ursachen der Überschuldung; auf besondere Belastungen einzelner Länder wie ein Erdbeben in Bhutan weisen sie kurz hin, mit nationaler Misswirtschaft befassen sie sich nicht.

Weniger Schulden gegenüber Deutschland

Ein eigenes Kapitel betrachtet Deutschland als Gläubiger von Entwicklungs- und Schwellenländern. Deren Schulden bei der deutschen Regierung stammen aus Entwicklungskrediten oder Exportversicherungen; im zweiten Fall werden deutsche Firmen für Exporte nicht bezahlt, die Versicherung tritt ein und Deutschland fordert diese Summe dann vom Importland. Beide Arten Schulden gegenüber Deutschland sind gesunken.

Ein Grund ist, dass mehrere Länder Handelskredite abgezahlt haben. Der Bericht fordert die Bundesregierung auf, wieder mehr sogenannte Schuldenumwandlungen zu nutzen. Dabei werden Schulden aus Entwicklungshilfe gestrichen, wenn das Land den Gegenwert in heimischer Währung für gemeinsam vereinbarte Sozial-  oder Umweltprojekte einsetzt. Den dafür vorgesehen Finanzrahmen solle die Bundesregierung endlich wieder ausschöpfen.

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