Schlägt Chinas Entwicklungshilfe eine neue Richtung ein?

Kurz erklärt
China hat beschlossen, eine neue staatliche Agentur für Entwicklungszusammenarbeit einzurichten. Die Sinologin Marina Rudyak erklärt, was dahinter steckt.

Warum will China eine neue Agentur für Entwicklung aufbauen?
Das enorme Wachstum der chinesischen Hilfe in den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass sie stark fragmentiert ist. Das Handelsministerium koordiniert, aber die Umsetzung erfolgt durch mehr als 30 Ministerien auf nationaler und auf Provinzebene. Es gab schon lange die Kritik, dass das System nicht transparent und anfällig für Korruption ist. Die neue Agentur soll für bessere Koordination sorgen.

Wird die Agentur die Hilfe inhaltlich verändern?
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zu den Aufgaben des bisher zuständigen Handelsministeriums: Zum einen soll die Agentur einen strategischen und politischen Rahmen für die Hilfe definieren, zum anderen soll sie sich um Monitoring und Evaluierung kümmern. Das Problem ist, dass die Entwicklungshilfe weiter wie bisher von vielen anderen Ministerien umgesetzt wird. Die Frage ist, inwieweit die neue Agentur sich durchsetzen kann.

China unterscheidet nicht zwischen Hilfe und wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Wird sich das mit der neuen Agentur ändern?
Das stimmt so nicht. Chinesische Projekte sind in der Regel eine Mischung aus Zuschüssen, Handel und Investitionen. Es ist nicht zu erwarten, dass China diesen Ansatz aufgibt – das wäre im Übrigen auch nicht sinnvoll: In der entwicklungspolitischen Debatte ist ja inzwischen anerkannt, dass alle drei Elemente gebraucht werden. Wenn China etwas zur internationalen Entwicklungspolitik beigetragen hat, dann ist es der Schwenk von der Geber-Nehmer-Sicht zur Zusammenarbeit auf Augenhöhe.  

Wird sich China stärker an internationalen Standards für Entwicklungszusammenarbeit orientieren?
Bisher war China da zurückhaltend mit dem Argument, es sei kein Geberland. Bemerkenswert ist, dass die neue Agentur den Begriff „internationale Entwicklungszusammenarbeit“ im Namen trägt. Der war in der Volksrepublik bisher reserviert für die Hilfe aus dem Westen. Peking hat also die Terminologie der westlichen Geber übernommen. Das zeigt meiner Ansicht nach, dass China seine Rolle als Geber nun akzeptiert. Das eröffnet die Chance eines neuen Dialogs um gemeinsame Standards. Denn mit dem alten Argument kann sich China der Debatte nicht mehr entziehen.

Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.

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erschienen in Ausgabe 5 / 2018: Müllberge als Goldgruben
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