„Wir müssen die Stimme erheben, wenn unser Planet zerstört wird“

Ab dem 28. November findet im südafrikanischen Durban erneut eine Klimakonferenz der Vereinten Nationen statt, auf der über ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls verhandelt werden soll. Der Johannesburger Pfarrer Craig Morrison setzt sich seit mehr als 20 Jahren für den Umweltschutz ein. Mit einer Petition will er den Klimaschutz in den politischen Verhandlungen voranbringen.

Welche Erwartungen haben Sie an den Weltklimagipfel in Durban?

Ich spreche stellvertretend für die Glaubensgemeinschaften in Südafrika und wir haben drei konkrete Forderungen: Wir wollen, dass es in Durban zu einem völkerrechtlich bindenden, fairen und ambitionierten Klimaabkommen unter Beteiligung aller Staaten bis 2015 kommt. Die Staaten sollen sich auf eine zweite Periode des Kyoto-Protokolls einigen. Dazu gehört, dass die Verfahren zur Messung und Überprüfung der Emissionsminderung beibehalten werden. Außerdem verlangen wir, dass der„Green Climate Fund“ auf den Weg gebracht wird: Die Länder, die am meisten zur globalen Erwärmung beigetragen haben, sollen die ärmeren Staaten, die bereits jetzt die Folgen zu spüren bekommen, unterstützen.

An welche Regierungen richten sich Ihre Forderungen vor allem?

Wir richten uns an alle Staaten. Insbesondere Industrieländer wie die USA, Japan und die europäischen Länder, aber auch China sollten dazu beitragen den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Südafrika und Nigeria sind in Afrika die Staaten mit dem höchsten Ausstoß an Treibhausgasen. Auch die Öl fördernden arabischen Staaten tragen erheblich zur globalen Erwärmung bei. Als Gastgebernation erwarten wir von der südafrikanischen Regierung, dass sie die Verhandlungen vorantreibt und auf eine Einigung drängt.

Was tun Sie, um Ihren Forderungen Gehör zu verschaffen?

Derzeit sammeln wir Unterschriften für eine Petition, die unsere Forderungen enthält. Jeder kann sich auf unserer Internetseite (www.safcei.org.za) darüber informieren. Für den 27. November haben wir einen Protestmarsch geplant. Am Ende wird Friedensnobelpreisträger und Erzbischof Desmond Tutu dem Präsidenten der Klimakonferenz, dem südafrikanischen Außenminister, die Petition überreichen. Wir laden Menschen aus aller Welt dazu ein, sich unserem Protest anzuschließen. Unser Ziel sind eine Million Unterschriften; eine Million Menschen, die sagen: Wir wollen, dass sich etwas ändert, wir sind diejenigen, die unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, und wir wollen, dass ihr jetzt handelt.

Welche Folgen des Klimawandels spüren Sie in Südafrika?

Im Südosten gibt es Gegenden, in denen es viel zu wenig regnet. In den vergangenen achtzehn Monaten gab es extreme Dürrephasen, die so nicht üblich sind. Die Menschen haben nicht genug Wasser zum Trinken, Kochen oder um sich zu waschen.

In anderen Regionen regnet es wiederum zu viel. Das ist besonders in Johannesburg ein Problem, wo ich wohne: Der Wasserspiegel ist mittlerweile so stark gestiegen, dass stillgelegte Minen überschwemmt wurden. Das saure Grubenwasser gelangt ins Grundwasser und die Böden werden verseucht.

Wer leidet besonders darunter?

Alle Südafrikaner – egal, ob sie auf dem Land oder in der Stadt leben. Südafrika ist ein sehr trockenes Land. Wir brauchen Wasser für unsere Landwirtschaft. Besonders die dafür genutzten Flächen sind von der Dürre betroffen.

Wie wichtig ist in Südafrika die öffentliche Debatte über den Klimawandel?

Das Thema gewinnt zunehmend an Bedeutung. Den Menschen ist bewusst, dass ein Klimawandel stattfindet, der unser Leben beeinflusst. Ihnen ist auch klar, dass wir Menschen dafür mitverantwortlich sind. Es ist keine rein akademische Diskussion. Der Diskurs findet in allen Bevölkerungsschichten statt, weil die Medien viel darüber berichtet haben.

Investiert die südafrikanische Regierung in erneuerbare Energien?

Der Anteil an erneuerbaren Energien ist insgesamt noch sehr klein. In der Zivilgesellschaft gibt es eine breite Übereinkunft darüber, dass in erneuerbare Energien investiert werden muss. Auch einige Regierungsvertreter sehen inzwischen ein, dass unser Land davon profitieren kann. Aber es gibt auch eine starke Atomlobby und viele, die an dem alten Energiewirtschaftkurs festhalten. Wir haben viel Sonne, an unseren Küsten haben wir auch viel Wind. Warum nutzen wir diese Energie nicht, die uns frei zur Verfügung steht? Wir müssen langfristig denken und jetzt investieren.

Warum ist Klimaschutz ein Thema für die Kirche?

Ich bin Pfarrer und kein Wissenschaftler, aber ich denke, Klimaschutz ist ein spirituelles und ethisches Thema. Die Erde ist ein Geschenk Gottes und wir Menschen haben die Verantwortung übertragen bekommen, darauf aufzupassen. Genauso, wie wir die Menschen beschützen müssen, die auf der Erde leben. Deshalb müssen wir unsere Stimme erheben, wenn unser Planet langsam zerstört wird.

Nehmen die Kirchen denn beim Umweltschutz eine Vorreiterrolle ein?

Umweltthemen sollten weiter oben auf unserer Agenda stehen. Derzeit betreiben wir ein Projekt zur Erfassung von Emissionen: Wir rufen jede Kirchengemeinde auf, ihren Emissionsausstoß von uns messen zu lassen. Zuerst möchten wir wissen, welchen Einfluss wir selbst auf das Klima haben, erst dann können wir den Verbrauch gezielt reduzieren. Ein Beispiel sind Energiesparlampen, die auch jetzt schon benutzt werden. Außerdem wollen wir den CO2-Ausstoß kompensieren, indem wir Bäume pflanzen. Viele Kirchen besitzen noch ungenutzte Landflächen. Hier wollen wir Gärten anlegen, um Nahrungsmittel anzubauen und armen Menschen eine Arbeit zu geben.

Und welchen Beitrag leisten Sie persönlich?

Ich spreche mich gegen eine reine Konsumkultur aus. Wir brauchen nicht die teuersten Autos, mit denen wir überall hinfahren müssen. Es wird keine andere Möglichkeit geben, als dass wir unserer Erde zuliebe alle unseren Lebensstil ändern müssen.

Das Gespräch führte Saara Wendisch.

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erschienen in Ausgabe 11 / 2011: Nigeria: Besser als sein Ruf
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