Der Pass - das wichtigste Dokument des Menschen

wir freuen uns, Ihnen heute wieder den exklusiven Newsletter für Unterstützer und Abonnenten zuzuschicken. Diesmal geht es um Staatenlose, um den Vorwurf des "Racial Profiling" in Genf sowie um den Spagat zwischen Nachrichtenabstinenz und "Doomscrolling". 

Ein Pass oder eine Geburtsurkunde bestätigen nicht nur die Identität und den Geburtsort, sondern auch die Staatsangehörigkeit eines Menschen. Die ist die Voraussetzung dafür, dass man dort – und überhaupt irgendwo – staatsbürgerliche Rechte hat wie das Wahlrecht oder das Recht auf Sozialleistungen. Doch rund vier Millionen Menschen weltweit haben keine solchen Papiere und keine Staatsangehörigkeit. Die Gründe dafür sind vielfältig, die Folgen in der Regel gravierend: Sie haben in ihrer Heimat nur schwer Zugang zu Bildung, Gesundheit und anderen Diensten. Sie können kaum reisen oder anderswo um Asyl ersuchen. Viele Staatenlose führen ein Leben in der Illegalität, oft in informellen Siedlungen am Rande von Städten. Unser Autor Frank Odenthal hat für seinen Artikel mit Staatenlosen aus Libyen und Kuwait gesprochen. Er schreibt über Schikanen und Rückschläge, die sie erleiden mussten, und darüber, wie viel Geduld und Nerven es braucht, bis man vielleicht doch irgendwo ankommt – und bleiben darf. 

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre. 

Melanie Kräuter

Das bewegt die Redaktion

Seit Samstagmorgen bin ich zurück von einer vierwöchigen Urlaubsreise im südlichen Afrika. Neben dem Luxus, eine solche Reise machen zu dürfen und zu können, habe ich mir in dieser Zeit auch den Luxus gegönnt, weitestgehend offline zu sein. "Digital Detox" heißt das ja heutzutage: Ich habe nicht in meine Emails geschaut und keine Nachrichtenstreams verfolgt. Zurück im Alltag, muss ich mich jetzt wieder mit den Kriegen und Krisen der Welt beschäftigen. Das sogenannte Doomscrolling, also das endlose Lesen von schlechten Nachrichten, kann aber nicht nur Journalisten belasten, sondern uns alle. Wir wollen uns informieren, aber die Fülle von bedrückenden Nachrichten lässt uns hilflos zurück und wir fühlen uns handlungsunfähig. Wie man das verhindern kann und warum es so wichtig für die Psyche ist, auch Nachrichtenpausen zu machen, erklärt die Neurowissenschaftlerin Maren Urner im SPIEGEL-Podcast "Smarter leben". Einer ihrer Tipps ist, sich gezielt und nur zu bestimmten Zeiten Informationen zu suchen und vielleicht auch nur bestimmte Formate zu konsumieren, etwa Newsletter, Podcasts oder Magazine. Denn so schlimm die Krisen auch sind, sagt Urner, es nütze niemandem, wenn es uns angesichts von erschreckenden Nachrichten selbst schlecht geht und wir einfach aufgeben mit dem Gefühl, sowieso nichts tun zu können. Jeder habe - wenn auch beschränkte - Handlungsmöglichkeiten, um etwas zu verändern. Zudem sei es eine Aufgabe von Journalisten, aus dieser Negativspirale herauszukommen und viel mehr über konstruktive Lösungen und tatsächliche Verbesserungen statt nur über Probleme zu berichten. Das nehmen wir uns natürlich auch bei welt-sichten zu Herzen! 

Neu auf welt-sichten

"Der Klimawandel ist ein wichtiger Treiber für Tropenkrankheiten": August Stich, Chefarzt der Tropenmedizin an der Missioklinik Würzburg, erklärt, warum der Klimawandel die Verbreitung von Malaria beschleunigt und warum strenger Klimaschutz vonnöten ist.

In die Schule statt auf die Straße: James Okina hat sich schon als 15-Jähriger um Straßenkinder gekümmert. Heute ist er 24 und hat in der Hafenstadt Calabar im Südosten Nigerias die Hilfsorganisation „Street Priests“ gegründet. Unsere neue Folge der Rubrik "Was tut sich...in?". 

Rassismus bei der Genfer Polizei? Die aus Uganda stammende Direktorin von UNAIDS wirft der Genfer Polizei vor, sie habe sie rassistisch schikaniert. Die Polizei sagt, der Fall werde geprüft. Unstrittig ist: „Racial Profiling“ kommt in der Schweiz immer wieder vor, berichtet Meret Michel. 

Noch immer interessant

In Ecuador wird künftig der 35-Jährige Daniel Noboa regieren. Der Sohn des Bananen-Unternehmers Álvaro Noboa hat am vergangenen Sonntag die Stichwahl um das Präsidentenamt gewonnen. Noch immer interessant ist der Artikel von Frank Braßel über die Bananengewerkschaften in Ecuador, deren Bildung von Politikern, Großunternehmern und Regierung behindert wird.  Eine Verbesserung der Lage für die Bananenarbeiter ist wohl unter Daniel Noboa nicht zu erwarten. Im Gegenteil, es gibt Berichte darüber, dass auf den Plantagen der Noboa-Familie die Arbeiter ebenfalls ausgebeutet werden. 

Medienschau: Worüber andere berichtet haben

Träume im Gepäck: Wer ist der Mann in gelber Weste, der in La Paz den Verkehr regelt und ein paar Münzen von Fahrern bekommt? Ein Migrant aus Venezuela, hat Peter Strack erfahren. Er lässt ihn in der "taz" erzählen, wie er im neuen Land seinen Platz gefunden hat. 

Mein Kollege Tillmann Elliesen empfiehlt: Eine toll geschriebene, epische Geschichte im "New Yorker" über die Männer, die die Klimakompensation von einer spinnerten Idee zum internationalen Milliardengeschäft gemacht haben - bis sie dieses Jahr in ihre bislang wohl größte Krise gestürzt ist.

Podcast-Tipp: Wie hat ein Netzwerk von sozialen Organisationen und Gewerkschaften es geschafft, während der Corona-Pandemie trotz Ausgangsbeschränkungen besonders Bedürftige in Delhi mit Essen zu versorgen? Darüber sprechen Beteiligte im Podcast des Indian Institute for Human Settlements und des International Institute for Ecology and Development. Mit Volksküchen und mit Transparenz bei Entscheidungen, wer was bekommt, konnten sie Vertrauen aufbauen, sagen die indischen Engagierten. Aus der Erfahrung könne man lernen, wie ein dezentrales soziales Sicherheitsnetz für Benachteiligte in Delhi geschaffen werden kann, das es eigentlich längst geben sollte – und was der Staat dafür tun sollte. 

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Bewässerung für den schnellen Profit: Finanzinvestoren, darunter Pensionsfonds, kaufen zunehmend Land mit knappen Wasservorräten und beuten diese dann rücksichtslos aus, warnt eine neue Studie von "Grain". Mein Kollege Bernd Ludermann hat sie zusammengefasst. 

Die heutige Schuldenkrise von Entwicklungsländern ist schlimmer als alle vorher, sagt "Erlassjahr": Laut einer Studie zu 139 Ländern mit Krediten der Weltbank zahlen einige afrikanische Länder über die Hälfte der Staatseinnahmen an Gläubiger, andere ein knappes Drittel. Schuldenerlasse für Entwicklungsländer sind unumgänglich, findet auch das "Global Development Policy Center". Es fordert, dass auch Entwicklungsbanken wie die Weltbank Schulden streichen – aber relativ weniger als kommerzielle Kreditgeber; Geberländer sollen ihren Verlust ausgleichen. 

Ausblick: Was demnächst ansteht

Bereits zum elften Mal findet am Samstag, 4. November, die Job- und Fachmesse "Engagement weltweit" statt. Besucherinnen und Besucher erfahren laut Veranstalter die neuesten Trends innerhalb der Branche der Entwicklungszusammenarbeit, lernen neue und bekannte Organisationen kennen und haben die Möglichkeit, persönliche Kontakte zu knüpfen. Außerdem biete die Messe auch einen Rahmen, um Bewerber für Jobs in der Branche und Institutionen zusammenzubringen und einen Einblick in die vielfältigen Tätigkeiten der Entwicklungszusammenarbeit zu bekommen. Bereits vor Messebeginn gibt es zwei digitale Auftaktveranstaltungen, nämlich Webinare am 26.Oktober sowie am 2. November. Alle Informationen zu Programm und Tickets gibt es hier. 

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