Grenzschutz und Rüstungsindustrie - gemeinsam gegen Flüchtende

gestern hat das Europäische Parlament der EU-Asylreform mit schärferen Regeln für Migration und den Umgang mit Asylsuchenden zugestimmt. Betrachtet man auch die jüngsten Abkommen der EU mit Ägypten und Tunesien, erhärtet sich der Eindruck, dass Europa sich immer mehr abschottet und besonders die rechtliche Situation für Flüchtende in Zukunft eher schlimmer als besser wird – auch wenn viele Politiker das Gegenteil behaupten. Schon jetzt setzt die Europäische Union vor allem mit ihrer Grenzschutzagentur Frontex alles daran, Flüchtlinge und Migranten mittels Hightech von Europa fernzuhalten. Wie das genau funktioniert, hat uns Yasha Maccanico von der Organisation Statewatch EU aufgeschrieben. 

Maccanico erklärt auch, wie davon vor allem die Rüstungsindustrie profitiert, indem sie etwa Überwachungsdrohnen und KI-Systeme für Grenzbeamte liefert. Das ist ein wichtiger, aber unterbelichteter Aspekt des Themas. Umso besser also, dass Sie solche ausführlichen Analysen und Informationen bei „welt-sichten“ bekommen. Wenn Sie das gut finden, machen Sie doch gern ein bisschen Werbung bei Ihren Freunden und Bekannten für uns. Wir freuen uns über alle, die unsere Arbeit unterstützen. 

Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre. 

Melanie Kräuter 

Das bewegt die Redaktion

Im Gegensatz zu den EU-Beschlüssen zur Migration finde ich die Entscheidung richtig gut, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Dienstag getroffen hat. Er hat den „Klimaseniorinnen“ aus der Schweiz recht gegeben und damit erstmals gerichtlich bestätigt, dass Klimaschutz ein Menschenrecht ist. In seinem Urteil hat der EGMR die Schweiz dazu verdonnert, beim Klimaschutz deutlich nachzubessern. Die Schweiz versucht ja, einen Teil ihrer CO2-Emissionen über Projekte im Ausland zu kompensieren, wie unsere Korrespondentin vor Kurzem berichtet hat. Wie zwei Fachleute aus Afrika zu den freien Kohlenstoffmärkten und zum Handel mit Klimazertifikaten und Emissionsgutschriften stehen und ob sie glauben, dass die Bevölkerung in Afrika davon profitiert, lesen Sie kommende Woche auf unserer Webseite. Verraten sei schon jetzt: Die beiden sind nicht einer Meinung, im Gegenteil. Schauen Sie rein!  

Neu auf welt-sichten

Tabak bringt das meiste Geld: Obwohl im Jemen Millionen Menschen hungern, setzen einheimische Bauern zunehmend auf Tabak statt auf Nahrungsmittel. Dessen Preise sind höher und stabiler, berichtet Amal Mamoon. 

Keine Waffen für Israel! Nicaragua hat diese Woche vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel geklagt. Tillmann Elliesen ist kein Fan von Nicaraguas Präsident Ortega, aber sein Anliegen teilt er, wenn auch aus anderen Gründen.  Wenn Israels Sicherheit Deutschlands Staatsräson ist, sollte die Regierung in Jerusalem keine deutschen Waffen mehr bekommen, findet er.

CDU-Entwicklungspolitiker kontern populistische Kritiker: Seit Monaten sieht sich die Entwicklungszusammenarbeit heftiger Kritik ausgesetzt, sie verpulvere deutsches Steuergeld im Ausland. Aus Sorge, solches Denken könnte in eigenen Reihen Zulauf gewinnen, argumentiert die Spitze der CDU/CSU-Fraktion nun dagegen, berichtet Marina Zapf.

Die Armen zuerst: Auf dem Weg zu einer gerechteren Welt ist es unerlässlich, die am meisten Benachteiligten zum Maßstab unserer Handlungsansätze zu nehmen und deren Potenziale einzubringen, meint Pirmin Spiegel von Misereor in seiner "welt-sichten"-Herausgeberkolumne.

"Die EU sollte nicht stur auf ihrem Standpunkt beharren": Seit 2016 ist das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und SADC vorläufig in Kraft. In einem Bericht zieht der SPD-Abgeordnete Joachim Schuster für das Europäische Parlament eine gemischte Bilanz zur Wirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung im südlichen Afrika. 

Noch immer interessant

Das Hilfswerk Misereor und das Bündnis Erlassjahr haben diese Woche wieder ihren alljährlichen Schuldenreport vorgestellt. Unsere Korrespondentin Marina Zapf wird in den nächsten Tagen noch ausführlich darüber berichten. Die Kernaussage des Reports: Die Situation für hoch verschuldete Staaten im globalen Süden spitzt sich weiter zu. Doch wie sollten die Länder mit den Schulden umgehen und was sollten die Gläubiger tun? Unser Autor Walden Bello hat bereits vor einem Jahr für ein groß angelegtes Schuldenerlassprogramm plädiert, das nachhaltige Entwicklung, die konsequente Bekämpfung von Armut und Ungleichheit sowie Klimagerechtigkeit unterstützt. Leider ist das Problem und damit der Artikel dazu noch sehr aktuell.  

Medienschau: Was andere berichten

Ein Tabubruch ist nötig: Banden, die in Haiti Angst und Schrecken verbreiten, wollen nun die politische Neuordnung mit aushandeln. Das ist moralisch abstoßend, muss aber sein, wenn die Gewalt in Haiti eingedämmt werden soll, erklärt "The Conversation". 

Wer hat, dem wird gegeben: So funktionieren Sozialtransfers in vielen armen Ländern, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Demnach fließt in Ländern wie Uganda, Sambia und Senegal mehr als ein Viertel der staatlichen Sozialleistungen an die wohlhabenden 20 Prozent der Bevölkerung. 

Podcasttipp: Flüchtlingsschutz ins Ausland verlagern – das fordert jetzt auch die CDU und nimmt sich damit ein Beispiel an Dänemark, Italien und Großbritannien. Die Regierungen dort wollen Menschen, die in Europa Schutz suchen, nach Albanien, Ruanda oder andere ferne Länder verfrachten, damit sie dort Asylverfahren durchlaufen und womöglich bleiben. Fachleute der SWP Berlin wägen im Podcast Für und Wider dieser Bestrebungen vorsichtig ab, doch ihr Schluss ist klar: Das ist Symbolpolitik – es würde Zuwanderung nicht bremsen, aber den Schutz der Menschenrechte untergraben. 

Denkfabrik: Was Fachleute sagen

Falscher Blick, falsche Rezepte: Der Bürgerkrieg in Myanmar wird meist als Kampf von Demokraten gegen ein Militärregime verstanden. Das ist ein Beispiel für irreführende eurozentrische Betrachtungsweisen, so eine neue Studie, die Bernd Ludermann gelesen hat.

In Indien wird am 19. April ein neuer Präsident gewählt. Der "Council on Foreign Relations" erklärt, welche Chancen der amtierende Präsident Modi hat und welche Themen den Inderinnen und Indern wirklich wichtig sind - etwa Arbeitslosigkeit, Wirtschaft und Unterstützung für Farmer. 

Ja zur grünen Transformation, Nein zur Enteignung indigener Völker: "Rural21" berichtet über den landintensiven Abbau von Lithium in Afrika und Lateinamerika und wie er sich nachhaltig gestalten lässt.

Ausblick: Was nächste Woche ansteht

Um Kreislaufwirtschaft geht es ab kommendem Montag, 15. April, beim "World Circular Economy Forum" in Brüssel. Das Programm reicht von Vorträgen bis hin zu Workshops. Viele Veranstaltungen werden per Livestream übertragen. Auf dem Forum werden Kreislauflösungen aus der ganzen Welt vorgestellt und Fortschritte in Europa in den Bereichen Politik und Dialog mit Interessengruppen präsentiert, kündigen die Veranstalter an. Das komplette Programm und weitere Infos gibt es hier. 

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