seit Anfang des Jahres gilt in Ecuador der Ausnahmezustand. Einen Tag nachdem Präsident Daniel Noboa im Januar diesen Schritt verkündet hatte, stürmten schwer bewaffnete Bandenmitglieder die Live-Nachrichtensendung eines TV-Senders in der Hafenstadt Guayaquil und drohten, mit ihnen dürfe man sich nicht anlegen. Drogengangs gewinnen in vielen lateinamerikanischen Staaten an Macht, doch nirgendwo ist die Lage so dramatisch wie in Ecuador. Die Regierung mobilisiert das Militär gegen die Banden und setzt auf Repression.
Doch das wird die Gewalt nicht beenden, denn die Ursachen lassen sich so nicht beseitigen, berichtet Frank Braßel. Die Verarmung ganzer Landstriche und Großstädte vor allem an der Küste, die Verflechtung von Politik, Wirtschaft und organisierter Kriminalität und die ungebremste Nachfrage nach Kokain in Europa und den USA bilden den Nährboden, auf dem die Drogenmafia in Ecuador gedeiht. Erforderlich wären also grundlegende Reformen in dem lateinamerikanischen Staat sowie ein Wandel der internationalen Drogenpolitik mit dem Ziel, lukrative Schwarzmärkte für verbotene Rauschmittel auszutrocknen. Die Legalisierung von Cannabis kann dabei nur der Anfang sein.
Ich wünsche Ihnen einen klaren Kopf und eine aufschlussreiche Lektüre.
Tillmann Elliesen
Noch einmal Drogen: Seit die Taliban den Schlafmohn-Anbau verboten haben, ist die Opiumproduktion in Afghanistan eingebrochen. Die Bauern stellt das vor existenzielle Probleme. Aber auch Europa spürt die Auswirkungen: Heroin wird knapp, nicht minder gefährliche Substanzen wie Fentanyl könnten die Bedarfslücke füllen, berichtet Julian Busch.
Kommt das Pandemieabkommen? Noch bis Ende der Woche ringen die Delegierten der Weltgesundheitsversammlung in Genf um ein Abkommen, das die Welt besser auf künftige Pandemien vorbereiten soll. Ärmere Länder wollen nicht wieder so im Stich gelassen werden wie in der Covid-Pandemie und verlangen Zugeständnisse der Industrieländer - völlig zu Recht, kommentiert Barbara Erbe.
Berlin fördert Afrikas Pläne für den Freihandel: Seit fünf Jahren ist die Afrikanische Freihandelszone formell in Kraft, aber viele Details müssen noch geregelt werden. Deutschland hilft dabei. Das Fernziel: Freihandel zwischen der Europäischen und der Afrikanischen Union. Marina Zapf fasst zusammen.
Haben Sie es mitbekommen? Bei einem Erdrutsch in Papua-Neuguinea sind möglicherweise 2000 Menschen getötet worden. Die Bergungsarbeiten sind schwierig, es drohen Seuchen. Sie haben es nicht mitbekommen? Sie wissen nicht einmal, wo Papua-Neuguinea liegt? Dann sind Sie nicht allein. In unseren Nachrichten lief die Katastrophe am anderen Ende der Welt unter ferner liefen. Das ist der koloniale Blick der Reichen und Satten auf die Welt, den vor einem Jahr der Journalist Anjan Sundaram in "welt-sichten" angeprangert hat: "mangelndes Interesse an allem, was sich nicht vor unserer Haustür abspielt, und Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal von Menschen, die wir als ,anders‘ betrachten". Immer noch und immer wieder lesens- und bedenkenswert.
Bittet die Multimillionäre zur Kasse! Soziale Ungleichheit ist kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen, die Bürgerinnen und Bürger mitgestalten können. Die Hilfsorganisation Oxfam fordert deshalb als Teil einer europaweiten Bürgerinitiative eine europäische Vermögenssteuer für Multimillionäre. Bis Oktober sollen eine Million Unterschriften zusammenkommen, um die Europäische Kommission dazu zu bewegen, das Thema anzugehen. Hier kann man mitmachen.
Um Ungleichheit und ihre Folgen für Gesellschaft und Politik geht es übrigens auch in der nächsten Ausgabe von "welt-sichten". Das Heft erscheint am kommenden Dienstag, dann stehen auch alle Texte online. Schauen Sie also rein - und bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.