Moderne Könige

Raphaela von Weichs
Die Rückkehr der Könige von Uganda.
Politische Kultur und Moderne in Afrika.
Transcript-Verlag, Bielefeld 2013, 371 Seiten, 42,80 Euro.

Gesellschaften im subsaharischen Afrika greifen zunehmend auf „traditionelle“ Herrschaftsformen zurück. Die Anthropologin Raphaela von Weichs hat sich das Königreich Bunyoro-Kitara in Uganda genau angeschaut.

Okkulte Praktiken, ethnische und familiäre Beziehungen oder Clan-Identitäten gehen eine besondere Beziehung zur afrikanischen Version der Moderne ein. Sie sind nicht einfach als Rückkehr zu althergebrachten Traditionen zu verstehen. Doch zweifellos ist diese Entwicklung eng damit verbunden, dass sich die Versprechen der staatlich geführten Entwicklungspolitik der 1960er Jahre nicht erfüllt haben.

Raphaela von Weichs, Kultur- und Sozialanthropologin an der Universität Lausanne, widmet sich in ihrer vorliegenden Studie der Wiedererrichtung des Königtums im Westen Ugandas. Anhand von offiziellen Dokumenten, juristischen Unterlagen, eigenen Interviews und teilnehmender Beobachtung beschreibt sie die Geschichte und Gegenwart des Königreichs Bunyoro-Kitara, das 1967 unter Präsident Milton Obote abgeschafft und 1994 unter Yoweri Museveni wieder eingeführt wurde.

Bunyoro-Kitara liegt im Westen Ugandas, umfasst fünf Distrikte und hat ungefähr 1,4 Millionen Einwohner. Die Wiedereinführung des Königtums in Bunyoro-Kitara geht vor allem auf das Konto von Kritikern und Anhängern der Zentralregierung, die eine Machtteilung forderten, ohne die Führung des Staates grundsätzlich in Frage zu stellen. „Im Gegenzug zur Unterstützung des Regimes in Uganda (...) fordern die neuen monarchistischen Eliten in Bunyoro-Kitara eine Teilsouveränität und vor allem eine ökonomische Unterstützung ihrer politischen Kultur, des Königs und des Königtums“, erläutert die Autorin.

Melange aus traditioneller und moderner Regierungsführung

Der König und sein Hofstaat kommen in erster Linie repräsentativen Aufgaben nach; darüber hinaus sind sie auch ein Partner der internationalen Entwicklungshilfe und sprechen in bestimmten Angelegenheiten Recht. Durch Rituale und zentrale Ereignisse wie das jährliche Empango-Fest soll der Zusammenhalt der Clan-Strukturen hergestellt und erneuert werden.

Der aktuelle Teil des Buches fußt auf der Feldforschung der Autorin in den Jahren 1999 und 2000. Besonders interessant ist ihre Beschreibung der Auseinandersetzung um die Nachfolge des Königs, die in Bunyoro-Kitara und vor nationalen Gerichten ausgetragen wurde. Statt von Retraditionalisierung zu reden, bevorzugt die Autorin den Begriff Revitalisierung, der anzeigen soll, dass es sich eben nicht um eine reine Rückkehr zu archaischen Formen der lokalen Herrschaft handelt, sondern um eine Melange aus traditioneller und moderner Regierungsführung.

Die Publikation ist streng im Duktus einer wissenschaftlichen Arbeit abgefasst. Das hat positive und negative Folgen für den Leser. Auf der einen Seite werden die Thesen der Autorin nachvollziehbar und generell nachprüfbar. Auf der anderen Seite verlangt sie allen, die nicht mit wissenschaftlichen Texten vertraut ist, einiges ab. Trotzdem ist dem Buch zu wünschen, dass es über den relativ überschaubaren Kreis der Afrikawissenschaftler im deutschsprachigen Raum hinaus Aufmerksamkeit findet. Denn es bietet eine der seltenen, empirisch fundierten Auseinandersetzungen mit dem Wiederaufleben „traditioneller“ Formen von Herrschaft in Afrika. (Ruben Eberlein)

Erschienen in welt-sichten 11-2013

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