Auf und Ab beim Klimaschutz

Die Beimischung pflanzlicher Stoffe zum Treibstoff und der Handel mit Emissionszertifikaten sind wichtige Instrumente der Europäischen Union (EU) für den Klimaschutz. Doch eine klare Linie ist nicht zu erkennen. Nötige Kurskorrekturen werden im Ministerrat und im Parlament mal blockiert, dann wieder abgeschwächt gutgeheißen.

Nach dem Willen der EU sollen bis zum Jahr 2020 mindestens zehn Prozent der eingesetzten Energie für Transport aus erneuerbaren Quellen kommen. Dieses Ziel sollte unter anderem mit der Beimischung von Ethanol aus Zuckerpflanzen und Getreide zum Benzin sowie Öl aus Raps, Palmen oder Soja zum Diesel erreicht werden. Der Anbau von Energiepflanzen geht aber laut zahlreichen Studien zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion. Diese Kritik griff die EU-Kommission Ende 2012 auf und schlug eine Neuregelung zur „Qualität von Treibstoffen“ vor, die den Anteil von Agro-Sprit dieser ersten Generation auf fünf Prozent beschränken will.

Nach etlichem Hin und Her hat sich der Umweltausschuss des EU-Parlaments Mitte Juli diesen Vorschlag zu eigen gemacht und beschlossen, den Anteil von Biokraftstoffen im Verkehr auf 5,5 Prozent zu begrenzen. Das sei das Ergebnis eines „quer durch alle Fraktionen“ erreichten Kompromisses, lobte die Berichterstatterin Corrine Lepage. Ob der aber im September bei der Abstimmung im Plenum bestehen bleibt, ist mehr als fraglich.

Oxfam, Misereor und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hatten die EU-Abgeordneten aufgefordert, die bisherige Biosprit-Regelung ganz abzuschaffen. Dagegen wehren sich jedoch Verarbeitungsunternehmen, der Agrar-Großhandel, Finanzdienstleister und die Erdölkonzerne, die ebenfalls beim Agro-Sprit mitmischen. Denn Agro-Sprit wird öffentlich gefördert, vor allem durch Nachlass bei der Mineralölsteuer, die fast ein Drittel der Tankstellenpreise ausmacht. Diese Lobby-Allianz findet sich im „Europäischen Energie-Forum“ mit 52 EU-Abgeordneten fast aller Fraktionen zusammen. Es organisierte Anfang Mai eine Rundreise nach Südostasien, bei der den Parlamentariern eine wohlgesäuberte Palmölproduktion gezeigt wurde.

Halbherzige Lösung für den Preisverfall bei CO2-Zertifikaten

Derweil schrappt das „Flaggschiff der EU-Klimapolitik“, das Emissionshandelssystem ETS, von einer Sandbank zur nächsten. Seine Konstruktionsmängel hatten sich schon lange am Preisverfall für die handelbaren Rechte zum Treibhausgas-Ausstoß gezeigt. Die EU-Kommission wollte dem dadurch begegnen, dass in der dritten Phase des ETS (2013 bis 2020) die Menge der auszugebenden Zertifikate zu Anfang verringert und die einbehaltene Menge ab 2017 versteigert werden sollten. Nach langwierigen Diskussionen reichte die Kommission im Januar ihre Vorlage formell bei Rat und Parlament ein, laut der 900 Millionen Tonnen Zertifikate zunächst einbehalten werden sollten.

Angesichts eines Überhangs von mindestens 1600 Millionen Tonnen und eines Gesamtbedarfs von nur 3500 Millionen Tonnen an Emissions-Erlaubnissen für 2014 und 2015 ist das zu wenig, um den Preisen an der Emissionsbörse wieder Auftrieb zu verschaffen. Zu Jahresbeginn dümpelten die um fünf Euro je Tonne. Ein Preis von mindestens 30 Euro gilt jedoch als nötig, damit sich Investitionen in klimaschonende Technik gegenüber dem Kauf von Emissionszertifikaten lohnen.  Noch im Januar lehnte der Industrie-Ausschuss im Parlament die Vorlage ab, der federführende Umweltausschuss empfahl jedoch die Annahme. Eine erste Abstimmung im Plenum scheiterte Mitte April. Im zweiten Durchgang entschieden sich die Parlamentarier Anfang Juli nun dafür. Die Vorlage erlaubt es nun, zwischen Parlament, Ministerrat und Kommission eine Formel auszuhandeln, die dann mit nur einer Lesung in den Instanzen angenommen werden kann. Dies soll im September geschehen.

Und es eilt. Inzwischen sacken die Tagespreise an den ETS-Börsen sogar unter drei Euro pro Zertifikat. Bei diesen Preisen werden aus der Versteigerung von CO2-Rechten wohl kaum jene 200 Milliarden Euro zusammenkommen, die die EU bis 2020 für die Finanzierung von Klimahilfen in Entwicklungsländern versprochen hat. Immer mehr Umwelt- und Entwicklungsorganisationen halten das System für wirkungslos und nicht reformierbar. Vor der jüngsten Abstimmung im EU-Parlament forderte eine ganze Reihe von ihnen die Abgeordneten auf, das ETS abzuschaffen „und den Weg zu strukturellen Reformen bei der Produktion und beim Verbrauch von Energie freizumachen, der mit dem ETS sieben Jahre lang blockiert worden ist“. 

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erschienen in Ausgabe 8 / 2013: Zentralasien – Als Partner umworben
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