Schuften in Europas Sweatshops

(11.06.2014) Nicht nur in Bangladesch und Pakistan nähen Menschen für einen Hungerlohn Klamotten zusammen. Den Nähern und Näherinnen in Rumänien, Bulgarien oder der Türkei geht es kaum besser, belegt ein neuer Bericht. 

Rund drei Millionen Menschen sind in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und der Türkei in der Bekleidungsindustrie beschäftigt, die vor allem den europäischen Markt bedient. Doch die geringen Löhne tragen nicht zur Bekämpfung der Armut bei, heißt es in einem Bericht der Kampagne für saubere Kleidung, der die Arbeitsbedingungen in der Textilwirtschaft in der Türkei, Georgien, Bulgarien, Rumänien, Mazedonien, Moldawien, Ukraine, Bosnien und Herzegowina, Kroatien und der Slowakei untersucht.

Als Billiglohnländer hätten die ehemaligen Staaten der Sowjetunion und die Türkei innerhalb der globalen Textilindustrie heute eine ähnliche Position wie Entwicklungsländer, schreiben die Autoren des Berichts. Die Aufträge kommen von großen Modefirmen wie H&M, Inditex oder Adidas, den Preisdruck geben die Produzenten an die Arbeiter weiter, von denen viele informell und ohne soziale Absicherung in Sweatshops schuften. Unter dem ständigen Druck und der hohen gesundheitlichen Belastung leiden vor allem die vielen Frauen unter den Beschäftigten.

Weniger Lohn als in China

Die Löhne liegen dem Bericht zufolge in den Nähereien und Schuhmanufakturen in allen Ländern weit unterhalb der durchschnittlichen Einkommen. In Bulgarien etwa fertigen Näherinnen für weniger als einen halben Euro pro Stunde Kleidungsstücke für europäische Modefirmen; im Schnitt verdient ein Textilarbeiter dort den Mindestlohn von 140 Euro monatlich. Damit das Geld zum Leben reiche und auch die Familien ernähre, müssten es jedoch mehr als 850 Euro sein, heißt es in dem Bericht. Auch in der Türkei seien die realen Löhne von rund 250 Euro weit von einem existenzsichernden Lohn von gut 1000 Euro entfernt.

Der Unterschied zwischen dem gesetzlichen Mindestlohn und dem existenzsichernden Lohn sei in den untersuchten Ländern teilweise noch gravierender als in Asien, heißt es in dem Bericht. So liege der gesetzlich garantierte Lohn in Bulgarien, Mazedonien und Rumänien unterhalb der 170 Euro, die in China als Untergrenze gelten. Und in Indonesien ist der gesetzlichen Mindestlohn mit 81 Euro höher als in Georgien und Moldawien. Als ersten Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen fordern die Autoren, die gesetzlichen Mindestlöhne auf mindestens 60 Prozent des durchschnittlichen Lohns anzuheben. Die Produktionsländer wie auch die EU müssten dafür sorgen, dass die Rechte der Arbeiter geschützt werden. Dazu gehöre auch die gewerkschaftliche Organisation, die gerade in den EU-Ländern Bulgarien, Rumänien und Kroatien durch neue Gesetze erschwert worden sei. (sdr)

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