Fortschritt mit Nebenwirkungen

Neue Kommunikationstechnologien wie Mobiltelefone oder Computer machen Verständigung möglich, wo ansonsten Zensur und Unterdrückung herrschen. Allerdings machen sie es auch den Feinden von Demokratie und Frieden leichter. Beispiele dafür gab es auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle im Juni in Bonn.

„Steht die Welt vor einer neuen Form des Aktivismus und der Bürgerbeteiligung?“, fragte Howard Rheingold von der Stanford University auf einem Plenum der Konferenz. Ob Studentenproteste in Taiwan und China, Unruhen in Frankreich oder Demonstrationen auf den Philippinen – überall hätten sich die Menschen per Computer und Mobiltelefon verabredet. Für Rheingold wie für viele andere Konferenzteilnehmer ist diese Entwicklung ein Zeichen wachsender Emanzipation und Demokratisierung, vor allem in Ländern mit eingeschränkter Meinungsfreiheit oder gar Zensur.

Zwiespältig waren hingegen die Ergebnisse einer Podiumsdiskussion zur Frage, welche Wirkung die neuen Medien auf die politische Transparenz haben. Als Beispiele dienten die jüngsten Wahlen in Kenia und Ghana. Halifax Ansah-Addo, Redakteur der ghanaischen Zeitung „Daily Guide“, schilderte, wie die Ergebnisse aus den Wahllokalen sofort nach der Auszählung per Mobiltelefon und SMS an die Wahlleitung und die Medien weitergegeben wurden. Dadurch konnten sie nachträglich nicht gefälscht werden und alle hätten das sehr knappe Ergebnis akzeptiert.

Mildred Ngesa, Geschäftsführerin der kenianischen Medienorganisation Peace Pen Communications, die sich in der Konfliktprävention engagiert, hielt temperamentvoll dagegen. Die Journalistin war Mitglied der Kommission, die die Gewalt nach den Wahlen Ende 2007 untersucht hat. Die mit dem Wahlergebnis Unzufriedenen hätten sich in Kenia mit Hilfe eben dieser neuen Medien organisiert und zur „Randale“ verabredet, bei denen viele Menschen getötet wurden, erklärte Ngesa. Leider würden auch die inzwischen weit verbreiteten lokalen Radiosender nicht immer im Sinne von Ausgleich und Verständigung tätig. Besonders in lokalen Sprachen würde mitunter Hetz- und Hasspropaganda verbreitet.

„Wahlen sind eine sehr emotionale Angelegenheit in Afrika“, sagte Ngesa. Es sei deshalb unerlässlich, die politische Kommunikation nicht allein den betroffenen Parteien und Interessengruppen zu überlassen. Über Weblogs, Podcasts, Web-Videos, Mobiltelefon-Reportagen und ähnliche Kanäle könnten Inhalte von zweifelhaftem Wahrheitsgehalt verbreitet werden, die Konflikte schüren statt lindern. Ein qualifizierter und verantwortungsvoller Journalismus sei deshalb unerlässlich; Professionalität und Unabhängigkeit der Journalisten müssten gestärkt werden, forderte Ngesa. (Doris Regina Gothe)

 

erschienen in Ausgabe 7 / 2009: Finanzordnung: Was die Krise lehrt
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