Wo Helfer durch Flüsse schwimmen müssen

epd-bild/Ärzte ohne Grenzen

Überschwemmung in Ostafrika

Ostafrika
Brücken wurden weggerissen, ganze Städte überflutet und vom Wasser eingeschlossen. In Ostafrika steigen die Fluten, der Regen hört nicht auf. Besonders schlimm ist die Lage in Somalia und im Südsudan, die von Krieg und Krisen erschüttert sind.

Genf, Nairobi (epd). Die ersten Regenfälle begannen im Juli, aber seit Oktober schüttet es in Ostafrika: Und wenn die Vorhersagen stimmen, wird es bis Weihnachten so weitergehen. "Die Fluten steigen, und der Regen hört einfach nicht auf", sagt Jürgen Feldmann, der von der kenianischen Hauptstadt Nairobi aus den Einsatz der Diakonie Katastrophenhilfe in der Region koordiniert. 2,5 Millionen Menschen sind nach Angaben der Vereinten Nationen Opfer der Fluten, viele von ihnen leben in Krisenländern. Beispiel Somalia: "Die Stadt Belet Huen steht beinahe vollständig unter Wasser, 45.000 Familien, zwischen 260.000 und 280.000 Menschen, benötigen Hilfe", sagt Feldmann.

Halbes Stadtgebiet überschwemmt

Ein Satellitenbild der somalischen Stadt an der Grenze zu Äthiopien zeigt, dass der Fluss Shabelle gut die Hälfte des Stadtgebiets überschwemmt hat. Und immer mehr Wasser rauscht aus der äthiopischen Hochebene herunter. Auch der Flughafen von Belet Huen steht unter Wasser, die Stadt ist für Helfer deshalb kaum zu erreichen. "Eines der größten Probleme ist Trinkwasser", erklärt Feldmann. Im Fluss treiben Unrat und totes Vieh, Trinkwasser muss aufbereitet werden. Entsprechende Anlagen hat ein Projektpartner der Diakonie Katastrophenhilfe, die "Somalische Jugend für Frieden und Entwicklung", zunächst für 1.100 Haushalte errichtet.

Hilfe für die Flutopfer ist eine Herausforderung, nicht nur, weil mehr Geld und Material gebraucht werden. Die Fluten seien auch so dramatisch, dass eine Einschätzung der Lage kaum möglich sei, sagt Dorothee Klüppel von Misereor. "Ein Projektpartner aus Dolo Ado im Süden Äthiopiens hat mir beschrieben, wie er die Lage vor Ort erkundet hat", berichtet die Leiterin der Afrika-Abteilung des katholischen Hilfswerks. "Straßen und Brücken waren weggerissen, er musste durch drei reißende Flüsse schwimmen und mehrfach Autos wechseln, um sein Ziel zu erreichen und sich ein Bild zu machen."

Besonders tragisch ist, dass viele Gegenden überschwemmt sind, die bereits unter Dürren, Bürgerkrieg oder Terror gelitten haben. Der Südsudan ist mit mehr als 900.000 Flutopfern das am schwersten betroffene Land. "In der Diözese von Malakal sind viele Vertriebene gerade erst von ihrer Flucht im Bürgerkrieg zurückgekehrt", sagt Klüppel. "Sie hatten ohnehin fast nichts, und jetzt hat ihnen das Hochwasser das auch noch genommen." Aus anderen Regionen des Landes, in dem der Friedensprozess wieder einmal stockt, warten Helfer noch dringend auf erste Schadensberichte. Mit guten Nachrichten rechnet niemand.

Starkregen in Ostafrika, Dürren in Australien

Die Ursache hinter Starkregen und Überflutungen steht fest: Der Indische Ozean vor der ostafrikanischen Küste war im Oktober zwei Grad wärmer als der Osten des Weltmeeres. Das daraus folgende Wetterphänomen nennt sich "Indischer-Ozean-Dipol". Seine Folgen: Starkregen in Ostafrika, Dürren in Australien. Einen ähnlich starken Dipol beobachteten Meteorologen zuletzt 2006. Damals starben alleine in Kenia 155 Menschen, 450.000 flohen. Das Riftvalley-Fieber, eine Viehseuche, breitete sich aus.

Die aktuelle Situation hält Jürgen Feldmann von der Diakonie Katastrophenhilfe für vergleichbar mit 2006. "Wir haben es definitiv nicht mit normalen Regenfällen zu tun." Das Hilfswerk hat deshalb bereits mit dem Bau von Latrinen begonnen, um die Ausbreitung von Durchfallerkrankungen aufzuhalten. Die UN-Nothilfekoordination hat in Somalia, Kenia und Äthiopien mehr als 9.000 Cholerafälle gezählt. Und Tausende Kilometer vom Indischen Ozean entfernt, in der Zentralafrikanischen Republik, regnet es auch schon. Mindestens 57.000 Menschen sind deshalb auf der Flucht.

Dass Dürren und Fluten in Ostafrika sich inzwischen nahezu abwechseln, hängt für Dorothee Klüppel von Misereor eindeutig mit der Klimakrise zusammen. "Früher gab es Erholungsphasen, Jahre mit guter Ernte, in denen Mensch und Tier Widerstandskräfte sammeln konnten - das ist heute nicht mehr der Fall." Deshalb müssten Entwicklungsprojekte gezielt die Fähigkeiten der Bevölkerung stärken, diese Lebensumstände zu meistern. Doch wenn die Flut kommt, müssen solche langfristigen Projekte verschoben werden. Gerade hat eine Nonne aus dem Südsudan Klüppel mitgeteilt, dass geplante Hilfen für Rückkehrer derzeit nicht ausgeliefert werden können.

 

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