Theoretisch gut, doch politisch naiv

Das ist ein wichtiger Befund, aber ein fragwürdiger Politikansatz. Den Anteil von Naturparks und Schutzgebieten an der globalen Landfläche von heute rund 15 auf 30 Prozent auszuweiten, ist unter den Vertragsstaaten der UN-Biodiversitätskonvention umstritten. Und Organisationen wie Survival International kritisieren schon diese Zielmarke als Landnahme: Schon heute würden lokale Gemeinschaften, besonders indigene, im Namen des Naturschutzes gewaltsam vertrieben oder an der Nutzung ihres Landes gehindert.
Lokale Umweltinitiativen international schützen
Das will die Gruppe um Dinerstein zwar nicht: Sie sieht, dass ein gutes Drittel des zusätzlich zu schützenden Landes von Indigenen bewohnt wird, und fordert, deren Landrechte zu sichern und ihre naturverträglichen Wirtschaftsweisen zu schützen. Aber das ist politisch naiv. Zu den Ländern, die nach dem Plan der Gruppe die größten Gebiete neu schützen müssten, gehören Russland, China, Brasilien, Indonesien und die USA. Werden die wegen des „Global Safety Net“ Minderheiten mehr Landrechte oder ein Veto gegen Bergbau- und Agrarprojekte geben? Unter den herrschenden Machtverhältnissen werden im Norden erdachte Naturschutzziele am ehesten im Süden durchgesetzt und da, wo Betroffene sich kaum wehren können. Nicht zufällig finden sich die meisten großen Naturparks in armen Ländern mit dem größten Mangel an demokratischen Institutionen.
Wichtiger als Zielzahlen wäre, lokale Umweltschutzinitiativen mehr international zu schützen und die Nachfrage reicher Länder nach Soja, Rindfleisch und Bergbauprodukten zu verringern, denn die treibt die Erschließung von ungenutztem Land mit voran. Dafür allerdings müssten Naturschützer mehr Konflikte annehmen – auch mit Wirtschaftsinteressen zu Hause. (bl)
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