Das BMZ hält an der Zusammenarbeit mit Mali fest

BMZ
Die Bundeswehr hat ihre Operation in der UN-Mission in Mali nach einer Unterbrechung Anfang September wieder aufgenommen. Auch das Entwicklungsministerium (BMZ) will im Land aktiv bleiben. Zu tun gibt es genug.

Das Entwicklungsministerium betrachtet Deutschlands militärische Präsenz in Mali als wesentliche Voraussetzung für seine Arbeit, twitterte es vor einiger Zeit. Doch auch sein Verhältnis zur Militärregierung in Bamako ist gestört. Ab 2023 muss die Kooperation neu verhandelt werden – zu welchen Voraussetzungen ist ungewiss. Die letzten Vereinbarungen – 69 Millionen Euro aus dem BMZEtat sowie Unterstützung für das UN-Welternährungsprogramm in Höhe von 134 Mio. Euro – wurden im Frühjahr 2021 vereinbart, also vor dem zweiten Putsch. Grundsätzlich gilt: Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit steht in Aussicht, wenn sich die politische Lage weiter in Richtung demokratischer Verhältnisse verbessert. Das ist derzeit aber nicht absehbar.

Die politische Entscheidung über die Frage, wie es weitergeht, werde nicht vor dem nächsten Jahr beantwortet, erwartet die Parlamentarische Staatssekretärin Bärbel Kofler. Ein Abbruch der Zusammenarbeit zulasten der Menschen vor Ort kommt aus ihrer Sicht nicht in Frage. „Das hielte ich für den falschen Weg“, sagte sie auf Anfrage.

In dem Sahel-Staat verschlechtert sich die Sicherheitslage zusehends. Bewaffnete islamistische Gruppen attackieren Dörfer in Nord- und Zentral-Mali, Menschen fliehen, lassen Felder und Tiere verwaist zurück. Der Zugang zu Basisdienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung und Ernährung ist erschwert bis unmöglich. Die Welthungerhilfe sieht 7,5 Millionen Menschen in Mali auf Hilfe angewiesen. Für etwa zwei Millionen davon sei die Lage so kritisch, dass sie bald nicht mehr genug zu essen haben könnten.

Regierung und Bevölkerung kritisieren die Blauhelmmission

Die Militärregierung geht gegen bewaffnete Milizen zunehmend mit Hilfe russischer Söldner vor. Und nicht nur die Militärregierung, sondern auch Bevölkerung hinterfragt zunehmend die Wirksamkeit des Blauhelmeinsatzes, wie malische Partner von Brot für die Welt berichten. Reaktionen in sozialen Medien und auf den Straßen zeigten eine breite Unterstützung für die Putschisten, weil sie im Sinne einer Entkolonialisierung handelten, heißt es in Antworten einer Umfrage des Hilfswerks. Es gehe um Respekt und afrikanische Lösungen.

Sahel-Experten wie Denis Tull von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) empfehlen eine stärkere lokale Verantwortung, um das Land zu stabilisieren. Doch dafür brauche es verlässliche Partner, weshalb etwa Julian Bergman, Experte beim IDOS-Institut (früher DIE), einen noch stärkeren Fokus auf Dezentralisierung legen und die Zivilgesellschaft stärker fördern und schützen würde. Eine neue Länderstudie des Beirats für Zivile Krisenprävention und Friedensförderung kritisiert, malische Partner seien nicht ausreichend beteiligt. Es gebe eine „Handlungslogik, die mehr in die Koordination zwischen deutschen Ressorts und internationalen Partnern als in die Zusammenarbeit mit dem malischen Partner investiert“.

Während aus außen- und verteidigungspolitischer Sicht die Terrorabwehr maßgeblich für das Engagement ist, geht es der Entwicklungspolitik darum, Mali zu stabilisieren, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern und die Armut zu reduzieren. Wie Staatssekretärin Kofler einräumt, ist dies auf der politischen Ebene, wo es um Gesetzgebung gehe, derzeit schwierig – wobei man auch im Dissens im Dialog bleiben müsse. Nichts spreche aber dagegen, „in den Regionen auf der Mikroebene, in den mittleren Ebenen und dezentralen Räumen der Verwaltung aktiv zu bleiben, wo man guten Fortschritt erzielen kann“.

Kritik der Opposition

Der Kritik der Opposition, der Ampelkoalition fehle es im Sahel an einer abgestimmten Strategie der Ressorts, hält Kofler entgegen, auch ein übergeordneter Plan biete nicht die Antworten auf völlig unterschiedliche Konfliktursachen in den einzelnen Ländern. Gemein sei ihnen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen immer enger würden. Wenn man nichts mehr anbauen könne, Hunger drohe, kein Wasser mehr da sei und auch keine Zukunftsperspektiven, dann steige die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen sich kriminellen oder terroristischen Aktivitäten hingeben und Konflikte zwischen Ethnien oder Ackerbauern und Viehzüchtern eskalierten.

Die Schaffung von Lebensgrundlagen sieht Kofler daher als wichtigste Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit mit Mali – sei es durch eine Stärkung der Landwirtschaft, sei es durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, etwa in der kommunalen Abfallwirtschaft. „An den Grundsäulen kommunaler Landwirtschaft, Beschäftigung und der stärkeren Einbeziehung von Frauen weiterzuarbeiten, das ist eine Kontinuität, die wir auch so signalisieren sollten.“ Und der Kritik an einem Flickenteppich von Projekten hält sie entgegen: Deutsche Entwicklungszusammenarbeit lege Wert auf die Entwicklung von Strukturen und auf lokale Eigenverantwortung. Davon habe sie sich bei ihrem Besuch im Frühjahr in Mali ein Bild machen können, sagte Kofler.

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erschienen in Ausgabe 10 / 2022: Handgemacht und maßgeschneidert
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